Wien/St. Pölten - "Alle Mitschüler haben immer von Sex geredet." Das soll Jürgen M. (21) nach eigenen Angaben dazu gebracht haben, seinen beiden Schwestern und seine Cousine sexuell zu missbrauchen. Und zwar jahrelang. Das Martyrium der Opfer begann 1996, als die älteste Schwester zwölf war. Donnerstag wurde der geständige Täter dafür im Landesgericht St. Pölten zu fünf Jahren Haft verurteilt. Jürgen M. erbat Bedenkzeit, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig."Wissen Sie, was Sie den Opfern damit angetan haben?", fragte der Richter. "Ja, sie werden möglicherweise ein Leben lang darunter leiden", antwortete der Beschuldigte. Ein psychologisches Gutachten bestätigte das. Die Mädchen sind demnach emotional deutlich belastet und teilweise in psychiatrischer Behandlung. Ein weiteres Gutachten weist Jürgen M. als hochgradig neurotisiert, aber voll zurechnungsfähig aus. Sein Verhalten sei möglicherweise auf eine überaus brutale Erziehung durch seine Eltern zurückzuführen. Soziale Handicaps Der aktuelle Fall bestätigt die Erkenntnisse, die, ebenfalls Donnerstag, im Wiener AKH beim Kongress "Sexueller Missbrauch und sexueller Gewalt" vorgetragen wurden. "Kindesmissbrauch führt bei Opfern zu Gehirnschäden", sagte Robert Prentky, Direktor des Research Justice Resource Institute in Bridgewater in Massachusetts. Konkret komme es zu Schäden in den limbischen Strukturen, was zu sozialen und emotionalen Handicaps führe. Nach Prentkys Ausführungen neige ein Drittel aller Männer zu Vergewaltigungen. Mehrere Faktoren seien entscheidend dafür, ob Männer dann aber tatsächlich zu Verbrechern werden: Impulsivität und Antisozialität, verbunden mit der irren Überzeugung, dass der Mann einen Anspruch auf sexuelle Befriedigung habe. Andere Täter zeigten ein "emotionales Desaster" und hätten aufgrund ihrer Bindungsunfähigkeit und Selbstsüchtigkeit Präferenzen für unpersönlichen Sex. (APA)