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Christoph Marthaler bei der Medienkonferenz am 3. September 2002 im Theater Schiffbau

Foto: APA/epa/KEYSTONE/Eddy Risch
Zürich - Theaterschaffende aus der Schweiz und Deutschland haben am Mittwochabend auf der Pfauenbühne in Zürich über die Entlassung des Intendanten des Zürcher Schauspielhauses, Christoph Marthaler, diskutiert. Marthaler selbst zeigte sich interessiert an neuen Lösungen mit dem Verwaltungsrat. Die Diskussion über das Verhältnis eines Theaters zu seiner Stadt animierte die Theaterschaffenden zu Lobreden über den künstlerischen Wert von Marthalers Theater. Das Kleine das Delikate Nur durch das Theater, wie es der geschasste Zürcher Intendant mache, werde das Publikum in Zürich "intelligent angeregt", sagte Tom Stromberg vom Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Die Gesellschaft müsse es sich leisten, für bestimmte Dinge wie jenes Theater "das Geld aus dem Fenster hinaus zu werfen". Vor dem Hintergrund des Zuschauerschwundes in Zürich und auch anderswo vermutete der Schweizer Regisseur Luc Bondy, dass die Leute nicht mehr bereit seien, sich zu konzentrieren. Der Schriftsteller Adolf Muschg, neben dem Gesprächsleiter Roger de Weck einer der beiden Köpfe der Protestbewegung für Marthaler, erwiderte, er wolle gar kein großes Theater für ein großes Publikum. Das Kleine sei das Delikate. Auf Ablehnung bei allen Gesprächsteilnehmern stieß der Vorschlag Luc Bondys, die Pfauenbühne zu schließen. Mehrere Berufskollegen rieten Marthaler jedoch, zu gehen, wenn er das Gefühl habe, er sei nicht mehr erwünscht. Marthaler selbst bekräftigte, er wolle bleiben und zeigte sich hoffnungsvoll, dass die laufenden Verhandlungen mit dem Verwaltungsrat zu einer Lösung führten. Er sei gesprächsbereit, brauche aber viel Zeit, um sein Publikum zu gewinnen, so Marthaler. Natürlich zerbreche er sich den Kopf über die Gründe für den Besucherrückgang. Zur Zeit sei aber wichtiger, dass er und sein Team jenes Theater machten, von dem sie überzeugt seien. "Wenn in zwei Jahren das Publikum immer noch ausbleibt, kommen wir vielleicht auch zur Einsicht, dass wir das falsche Theater für Zürich machen." Verwaltungsrat in der Defensive Kritik hagelte es für den Verwaltungsrat. Das Gremium solle innehalten und seinen Fehler rückgängig machen, statt die Situation auszusitzen, forderten die Theaterleute. Und die Mitglieder sollten öffentlich zum Besuch des Schauspielhauses aufrufen, statt den Intendanten zu entlassen. Nachdem die Runde lange Zeit unter sich über den Fall Marthaler räsonierte, meldete sich der im Saal anwesende Verwaltungsrat und Zürcher Kulturchef Jean-Pierre Hoby zu Wort. In der Runde wies er nochmals darauf hin, dass Geldnot sowie der Zuschauerschwund von 50.000 Besuchern und nicht die künstlerische Arbeit Marthalers zur Entlassung geführt hätten. Diese 50.000 Theaterfreunde hätten im Marthaler-Theater keine Heimat gefunden, sagte Hoby. Man müsse deshalb die Pfauenbühne und den Schiffbau so programmieren, dass nebst den heutigen Besuchern diese Leute wieder gewonnen werden könnten. (APA/sda)