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Uri Avnery fürchtet, dass "die Bande um Bush, Cheney, Rumsfeld, Rice, Wolfowitz, Pearl und all die andern kleinen Sharons am selben Syndrom leiden"

Foto: APA/EPA/Dominique Faget
Tel Aviv/Berlin - Der Irak-Kriegsplan von US-Präsident George W. Bush verfolgt nach Auffassung des israelischen Pazifisten und Ex-Knesset-Abgeordneten Uri Avnery das Ziel einer dauerhaften militärischen Präsenz der Amerikaner in der Ölregion. "Der Kriegsplan hat nur dann Sinn, wenn die US-Führung nicht nur für eine Besatzung des Irak bereit ist, sondern sie geradezu verlangt, um viele, viele Jahre dort zu bleiben", schreibt der Träger des alternativen Friedensnobelpreises in einem am Donnerstag von der deutschen Zeitung "Junge Welt" veröffentlichten Beitrag. "Der Plan ist nicht mit dem berühmten 'Krieg gegen den Terrorismus' verknüpft, nicht mit der Person von Saddam Hussein oder mit den Massenvernichtungswaffen, die der Irak produziert - wie alle anderen Staaten der Region, von Pakistan bis Israel und Ägypten", unterstreicht Uri Avnery. In den Augen von Bush und seinen Beratern sei eine Militärintervention im Irak "eine lohnende Investition, die riesige Gewinne liefern würde". Das Öl des Kaspischen Meeres "Das Hauptziel der amerikanischen Wirtschaft (und darum der amerikanischen Politik) ist das Öl des Kaspischen Meeres. Dessen Kontrolle ist für Amerika die Garantie, in den nächsten Jahrzehnten billige Brennstoffe zu haben. Auf seinem Weg zum Weltmarkt muss das Öl zunächst die Meeresküste erreichen. Da gibt es mehrere mögliche Routen: über Afghanistan und Pakistan oder die Türkei. Der Irak liegt nahe an all diesen Ländern. Die amerikanischen Luft- und Bodentruppen, die dort stationiert sind, werden die amerikanische Herrschaft über die ganze Region garantieren". "Die Existenz einer sicheren amerikanischen Basis mitten in der arabischen Welt wird Amerika befähigen, alle arabischen Regierungen einzuschüchtern, damit sie nicht vom geraden Weg abkommen. (...) Eine massive physische Präsenz Amerikas in ihrer Mitte wird jeglicher Vortäuschung von arabischer Macht und Einheit ein Ende setzen. Der Druck auf Saudiarabien wird enorm sein: Nicht nur, dass die amerikanischen Basen in Saudiarabien überflüssig werden - durch das Manipulieren der Ölpreise könnte Amerika das Königreich auch an den Rand des Bankrotts bringen. Die neue Situation würde schließlich die OPEC zerbrechen. Washington wird über den Preis des Öls entscheiden und wie es verteilt wird. (...) Dem Iran wird der Wille, dem amerikanischen 'Großen Satan' zu widerstehen, vergehen. Denn der Iran würde von beiden Seiten durch amerikanische Basen bedroht, in Afghanistan und dem Irak." Irakischer Mikado? "Wie wird die Besatzung funktionieren? Wenn Amerikaner an Besatzung denken, vertrauen sie auf ihre Erfahrungen in Japan. Nach der japanischen Kapitulation 1945 regierte dort ein amerikanischer General, Douglas McArthur, ohne Einschränkungen. Die Japaner gehorchten ergeben, weil sie dazu von ihrem verehrten Kaiser angewiesen worden waren. Nun träumen einige Leute in Washington von einem irakischen Mikado, von jemandem aus der haschemitischen Dynastie, die den Irak bis 1958 regierte, als der letzte König (Faisal II.) ermordet wurde. Warum nicht ein anderes Familienmitglied auf den Thron setzen, irgendeinen Verwandten des jordanischen Königs, oder sogar daran denken, den Irak und Jordanien unter einer Krone zu vereinigen? (...) Ich fürchte, die Bande um Bush, Cheney, Rumsfeld, Rice, Wolfowitz, Pearl und all die andern kleinen Sharons leiden alle am selben Syndrom. Der Irak ist nicht Japan, (...) der islamische Fundamentalismus ist kein leicht zu zähmendes Tier. Hundert Millionen zorniger Menschen in der ganzen arabischen und muslimischen Welt sind eine große Gefahr, sogar für die mächtigste Militärmacht", meint Avnery. (APA)