Wirtschaft
Nachfrageschock: Schäden nicht zu beziffern
Institut der Deutschen Wirtschaft: "Mehr Sicherheit hat ihren Preis"
Köln/Berlin - Die Weltwirtschaft ist von der Terrorserie
vor einem Jahr in den USA erheblich beeinträchtigt worden, auch wenn
die ökonomischen Folgen nicht exakt zu beziffern sind. Das Deutsche
Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin erklärte am
Mittwoch in Berlin, der Charakter der Anschläge habe das ohnehin
fragile Verbrauchervertrauen in den USA und in Europa geschwächt und
zu einem Nachfrageschock geführt. "Für Fluggesellschaften, Versicherungen und den internationalen
Handel sind die ökonomischen Folgen der Terroranschläge vom 11.
September am höchsten", so die Wirtschaftsforscher. So hätten die
Anschläge wahrscheinlich den größten Einzelschaden in der
Versicherungsgeschichte verursacht.
Erhöhung der Sicherheitsausgaben
Unmittelbar nach den Anschlägen habe es "massive zusätzliche
Sicherheitsmaßnahmen im privaten und öffentlichen Sektor" gegeben.
Auf einer internationalen Konferenz beim DIW im Juni dieses Jahres
sei auch eine Berechnung für die USA vorgestellt worden, wonach die
Erhöhung der Sicherheitsausgaben der privaten US-Wirtschaft unter
anderem eine Senkung der Arbeitsproduktivität um 1,12 Prozent bewirkt
habe. "Dies entspräche, für sich genommen, einem Verlust an
amerikanischem Bruttosozialprodukt von rund 70 Mrd. US-Dollar (71,8
Mrd. Euro) pro Jahr."
Es sei zu erwarten, dass in Folge des neuen, globalen Terrorismus
die Sicherheit einen zunehmenden Stellenwert erhalten werde. Dies
führe wiederum zu höheren Transaktionskosten, die insbesondere den
internationalen Handel belasteten. Nach einer Simulationsrechnung
entstünden - bei einer durchschnittlichen Erhöhung der
Transaktionskosten von einem Prozentpunkt des gehandelten Warenwertes
- die höchsten Wohlfahrtsverluste in Westeuropa, Nordamerika und
Nordasien. "Insgesamt ergibt sich eine Verringerung des
Weltbruttosozialprodukts um rund 75 Mrd. Dollar, das sind 0,24
Prozent des Weltsozialprodukts für das Jahr 2001."
Talfahrt umso rasanter
Das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln erklärte, die
Weltwirtschaft habe sich zum Zeitpunkt der Anschläge ohnehin auf dem
absteigenden Ast befunden. "Danach setzte sie ihre Talfahrt umso
rasanter fort." Das Vertrauen von Anlegern und Geschäftsleuten sei
mit einem Schlag zerstört worden. "Es schloss sich jedoch eine
Entwicklung an, die dem Bild vergangener Krisen entsprach: eine
rasche Erholung der Stimmung - auch in den USA."
Wie viel an Wirtschaftswachstum der Terror und der folgende Krieg
in Afghanistan tatsächlich gekostet habe, könnten Ökonomen indes kaum
sagen, weil andere Einflüsse sich nicht klar abgrenzen ließen. Für
die USA gebe es aber immerhin einen Richtwert: "Konjunkturexperten
schätzen die Wachstumsverluste in den USA auf etwa 500 Mrd. Dollar
bis Ende 2003 - das entspricht 0,5 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes", so das Institut. Und auch auf längere Sicht
beeinträchtigten die Anschläge das Wachstum. "Denn mehr Sicherheit
gegen den Terror hat ihren Preis."
Die OECD habe ermittelt, dass verschärfte Grenzkontrollen und
Sicherheitsstandards die Kosten für See- und Luftfracht um ein bis
drei Prozent steigen lassen. Das habe deutliche Folgen für den
Welthandel: "In der Regel drückt ein Plus von einem Prozent bei den
Transportkosten das Volumen des internationalen Handels um ein bis
drei Prozent."(APA/AP)