Wien - Die Ausrufung von vorgezogenen Neuwahlen bringt auch ein Aufschieben der Lösung des Kärntner Ortstafelstreites mit sich. Auch die dritte "Konsenskonferenz", zu der Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) am Mittwoch lud, ging nämlich ohne konkretes Ergebnis zu Ende. Die politischen Parteien und die Heimatverbände einigten sich zwar auf eine "Paketlösung", wie es Schüssel nannte, die Slowenen-Vertreter stimmten der allerdings nicht zu. Vor den Neuwahlen wird es nun keine weiteren Verhandlungen mehr geben."Symbolischer Selbstmord" Der Vorschlag, der von den Volksgruppen-Vertretern abgelehnt wurde, sah folgendermaßen aus: Die Zahl der zweisprachigen Ortstafeln hätte von derzeit 74 auf 148 verdoppelt werden sollen. Eine Liste mit 102 Ortschaften sei dabei bereits außer Streit gestanden, berichtete Schüssel. Über weitere 56 Orte hätte noch diskutiert werden sollen. Teil der "Paketlösung" hätte auch eine gemeinsame Versöhnungserklärung sowie ein Förderprogramm in den Bereichen Kindergärten, Bildung und Kultur sein sollen. Im Medienbereich hätte die Volksgruppe "Hilfeleistungen" bekommen sollen. Und auch die Einrichtung von regelmäßigen Treffen zwischen der Volksgruppe und den Heimatverbänden wäre vorgesehen gewesen. "Mit nur 148 Ortstafeln wären wir in unseren Gremien nie durchgekommen", begründete der Obmann des Rates Kärntner Slowenen, Bernard Sadovnik, seine Ablehnung des Vorschlags. Wie auch Marjan Sturm (Zentralverband der Kärntner Slowenen) lehnt er auch eine Junktimierung mit anderen Dingen ab. Eine Erklärung, dass mit 148 zweisprachigen Ortstafeln der Artikeln 7 des Staatsvertrages erfüllt werde, hätte einem "symbolischen Selbstmord" entsprochen, meinte Sturm. Die Mindestzahl an zweisprachigen Ortstafeln müsse in der Gegend von 200 liegen. Die Parteienvertreter reagierten auf das Scheitern der Verhandlungen enttäuscht. Kärntens FP-Obmann Martin Strutz warf der Volksgruppe vor, "ein historisches Angebot zur Lösung der Ortstafelfrage mutwillig vom Tisch gewischt zu haben". Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider verschwand nach der Sitzung kommentarlos, um am FP-Vorstand in Linz teilzunehmen. Kärntens SP-Chef Peter Ambrozy sprach von einer "historischen Chance" die vertan worden sei. Zum letzten Schritt hätte den Slowenen-Vertretern aber der Mut gefehlt. Er hofft auf eine neue Bundesregierung. Kärntens VP-Chef Georg Wurmitzer glaubt gar, dass es in den nächsten eineinhalb Jahren keine Lösung geben werde. Der Ortstafelkonflikt war im Dezember letzten Jahres nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes entbrannt. Dieser hob jene Regelung im Volksgruppengesetz, die eine 25-Prozent-Grenze für das Aufstellen von zweisprachigen Ortstafeln vorsieht, als verfassungswidrig auf. Die Frist für eine Neuregelung wurde bis zum 31. Dezember 2002 gesetzt. Wenn die Regierung bis zum 31. Dezember 2002 keine Nachfolgeregelung für die vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) aufgehobene Ortstafelregelung beschließe, trete zwar ein "rechtswidriger Zustand" ein, dieser bleibe aber vorerst ohne Konsequenzen. Diese Meinung vertrat der Verfassungsexperte Dieter Kolonovits am Mittwoch im Gespräch mit der APA. Der Passus über die Ortstafelregelung in Artikel 7 des Staatsvertrages sei nämlich nicht unmittelbar anwendbar, so Kolonovits. Theoretisch gebe es zwar die Möglichkeit, erneut Klagen einzubringen, diese müssten aber wieder den gesamten Instanzenzug durchlaufen und würden daher sehr lange dauern.(APA)