Der Kauf des Eurofighter dürfte sich zu einem spektakulären Fehlstart entwickeln. Inzwischen ist nicht einmal mehr Verteidigungsminister und FPÖ-Interimschef Herbert Scheibner sicher, das Projekt durchsetzen zu können, das er selbst schon seit seiner Zeit als Oppositionspolitiker befürwortet hat: den Ersatz der altersschwachen Draken (die nicht einmal mehr von Gegnern des Bundesheeres als "Kampfflugzeuge" ernst genommen werden) durch Jets der neuesten Generation wie eben den Eurofighter. Zehn Jahre lang hat die jeweilige Bundesregierung das unpopuläre und budgetbelastende Thema vor sich hergeschoben - immer in der Hoffnung, dass sich die Sache entweder von selbst erledigen würde (weil ewiger Friede den Kontinent einen würde) oder es wenigstens einen Meinungsumschwung zugunsten der Fliegerei geben würde. Beides ist nicht eingetreten: Aus der im Vorjahr beschlossenen Landesverteidigungsdoktrin ist die Notwendigkeit der Abfangjäger klar ableitbar. Nur: Populärer sind sie deswegen nicht geworden, im Gegenteil. Selbst innerhalb der FPÖ, die Scheibner (mehrfach nur mit ausdrücklicher Unterstützung von Jörg Haider) bisher auf Kurs halten konnte, dürfte es keine Mehrheit mehr für Abfangjäger geben. Schon gar nicht will man mit der Belastung in den Wahlkampf gehen, den Kauf beschlossen zu haben. Dem Minister bleibt allenfalls, einen erst halbwegs ausverhandelten Vertrag mit Vorbehalten zu paraphieren - das sichert ihm einen Rest an Selbstachtung. Den Luftraum sichert es nicht. Wenn Österreich Luftraumsicherung betreiben will, dann braucht es Abfangjäger - wenn es (entgegen der neuen Doktrin) darauf verzichten will, dann ist das für den Moment auch nur halb so schlimm. Dann werden eben die Draken außer Betrieb genommen, ohne dass es Nachfolger gibt. Piloten und Mechaniker würden sich mehr oder weniger rasch in alle Winde verlaufen - ein allfälliger Neuaufbau einer Luftwaffe in späteren Jahren würde für das Bundesheer ein langwieriger Prozess. Eine Luftwaffe von Grund auf neu aufzubauen wäre noch um vieles teurer, als jetzt Abfangjäger zu kaufen, die sich auf bestehende Strukturen stützen könnten. So erklärt sich die "Jetzt oder nie"-Haltung, die das Bundesheer und sein Minister bisher hatten. Wenn Österreich nicht innerhalb der nächsten Monate die Draken-Nachfolge unter Dach und Fach bringt, dann wird es bald keine Luftwaffe mehr haben. Und im Ernstfall versuchen müssen, die Fähigkeit zur aktiven Luftraumüberwachung irgendwo anders (also bei einem befreundeten, wenn nicht gar alliierten Nachbarstaat) zu organisieren. Das ist nicht prinzipiell unmöglich - wenn man in so einem Fall die Neutralität ad hoc abzuschaffen bereit ist (sonst kann man niemand anderem die Luftraumüberwachung übertragen) und neben den politischen auch die finanziellen Kosten einer Luftraumüberwachung durch andere zu tragen bereit ist. Verteidigungsminister Scheibner weiß das natürlich alles - und er dürfte aus Erfahrung zu jenen gehören, die nicht daran glauben, dass weitere Aufschübe den Abfangjägerkauf irgendwie leichter machen könnten. Aber seit er vor einem Monat bei der Stückzahl der Eurofighter - wegen des Hochwassers reichten ihm 18 statt der vorher als Mindestzahl genannten 24 - nachgegeben hat, ist seine Linie ohnehin nicht mehr zu halten. In der FPÖ haben die Populisten obsiegt. Die von Haider und Ewald Stadler geprägten Freiheitlichen erweisen sich damit als eine Partei, die zwar pompöse Ehrungen für die im Solde Hitlers Gefallenen inszenieren - denen aber modernes Gerät für die Soldaten im Dienst der Republik Österreich zu teuer erscheint. (DER STANDARD, Printausgabe, 11.9.2002)