Wien - Die Ankündigung von Neuwahlen trifft auch die groß angelegte Polizeireform in einer heiklen Phase: knapp nach den ersten großen Personalentscheidungen, knapp vor Beginn der praktischen Umsetzung. Kritiker, vor allem aus dem Umfeld der SPÖ, schnuppern nun wieder Morgenluft und können in einem Punkt nicht mit Häme hinterm Berg halten: dass es letztendlich nichts genutzt habe, dass ÖVP und FPÖ vorgeschriebene Personalvertretungswahlen verhindert hätten.

Konkret geht es um eine Bestimmung des Personlavertretungsgesetzes, der zufolge Personalvertreter neu gewählt werden müssen, wenn Dienststellen neu geschaffen werden oder sich die Zahl der Bediensteten um ein Viertel ändert. Die Reformen von Innenminister Ernst Strasser (VP) sind voll von derartigen Veränderungen. Beispiele: die Neuschaffung des Bundeskriminalamtes, die Auflösung des Wiener Sicherheitsbüros zugunsten einer Kriminaldirektion, die Umwandlung der Staatspolizei in ein Amt für Verfassungsschutz.

Einfach aufgehoben

Doch anstatt die gesetzlich vorgeschriebenen Wahlen auszuschreiben, wurde das Gesetz vorübergehend einfach aufgehoben. Und zwar so schnell, dass die breite Öffentlichkeit bisher kaum Notiz davon nahm. Nur fünf Tage nach dem entsprechenden VP-Antrag wurde die bis Ende 2004 geltende Nichtwahlperiode im vergangenen Juli vom Nationalrat beschlossen. Offizielle Begründung: Eine Wahl in der Umbauphase binde zu viel Geld und Personal.

Oppositionspolitiker und Reformkritiker freilich sehen - auch im Nachhinein - einen anderen "wahren Grund" für die Wahlabsage: Die Regierungsparteien hätten Angst davor gehabt, eine Wahlschlappe einzufahren.

Im Innenministerium wird betont, dass die Reform wie geplant weiterlaufe. (Michael Simoner/DER STANDARD, Printausgabe, 11.9.2002)