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Entweder - oder

Foto: APA/Jäger
Standard: Gehen Sie als Spitzenkandidat der SPÖ in die Wahl? Gusenbauer: Ja, sicher. Standard: Wie legt die SPÖ den Wahlkampf an? Gusenbauer: Die Linie ist im Wesentlichen die, dass wir sagen: Entgegen allen Warnungen hat Wolfgang Schüssel aus persönlichem Machtkalkül Österreich diesem schwarz- blauen Experiment unterzogen. Das ist jetzt ein Jahr vor dem eigentlichen Wahltermin tatsächlich gescheitert. Dieses Experiment hat gebracht: höchste Steuern, Rekordarbeitslosigkeit, Wirtschaftsflaute, Sozialabbau und neue Schulden. Jetzt geht es darum, dieses schwarz-blaue Experiment abzuwählen, vor allem, weil Schüssel am Montag ganz klar gesagt hat, dass es sein Ziel ist, nach der Wahl mit Schwarz-Blau weiterzumachen. Wenn Schüssel Erster wird, heißt das vier weitere Jahre mit der Bilanz, die sie bisher vorgelegt haben. Standard: Die SP-Linie Steuerreform statt Abfangjäger ist doch eine, die auch die FPÖ vertritt. Kommen sich SPÖ und FPÖ hier nicht ins Gehege? Gusenbauer: Überhaupt nicht. Die FPÖ ist die Partei der gebrochenen Wahlversprechen, und wenn diese schwarz- blaue Regierung irgendeinen Sinn gehabt hat, dann nur den, das nachgewiesen wurde, wie sich die FPÖ verhält, wenn sie an der Macht ist: nämlich alle Wahlversprechen zu brechen und die kleinen Leute mit einer enormen Belastungspolitik zu überziehen. Das ist absolut unglaubwürdig, was die jetzt vorschlagen. Standard: Die Linie der SPÖ bei der Steuerreform klingt nach einem Angebot an die FPÖ-Wähler: Seht her, bei uns wird umgesetzt, was Haider nicht halten konnte. Gusenbauer: Erstens muss man schon sehr deutlich sagen, wer der Urheber dieser Formel ist. Ein sozialdemokratischer Steuersenkungsantrag liegt seit Monaten im Parlament, wo Haider kein Ohrwaschel gerührt hat zu diesem Thema. Die ablehnende Haltung der SPÖ zu Abfangjägern ist auch seit Monaten klar, und auch dazu hat Haider damals kein Ohrwaschel gerührt. Klar ist auch, dass wir der Meinung sind, dass die Steuersenkung zur Ankurbelung der Wirtschaft notwendig ist. Das geht nur, wenn man zeitlich befristet den Investitionsfreibetrag wieder einführt, damit die Unternehmen investieren und Arbeitsplätze schaffen. Und indem man die Kaufkraft der kleinen und mittleren Einkommensbezieher erhöht. Standard: Wie groß wäre der Umfang der Steuerreform? Gusenbauer: Etwa zwei Milliarden Euro. Standard: Der Anschaffungspreis der Abfangjäger . . . Gusenbauer: Na ja, da muss man sagen, dass bei denen noch jährliche Wartungskosten dazukommen. Standard: Woher wollen Sie die zwei Milliarden nehmen? Gusenbauer: Zum einen verzichten wir auf den Kauf der Abfangjäger, zum anderen hat man mit so einem Steuersenkungsprogramm einen enormen Konjunkturimpuls, der höhere Beschäftigung und höhere Einnahmen über die Mehrwertsteuer bringt. Wenn man jetzt Geld in die Hand nimmt und die Wirtschaft ankurbelt, wird man am Ende des Tages ein niedrigeres Budgetdefizit haben. Standard: Der Kaufvertrag soll aber noch diese Woche unterschrieben werden. Gusenbauer: Das wäre der größte Skandal überhaupt, dass eine Regierung, die nur noch zur Hälfte besteht, wenige Monate vor Ablauf der Legislaturperiode diesen Vertrag unterzeichnet. Das wäre ein massiver Betrug an den Wählerinnen und Wählern. Standard: Was würde eine SPÖ in der Regierung von dem zurücknehmen, was ihre Vorgängerin hinterlassen hat? Gusenbauer: Was wir versprochen haben: Wir werden die Ambulanzgebühren, die unsoziale Besteuerung der Unfallrenten und die Studiengebühren zurücknehmen. Und dann gibt es eine Reihe von Bereichen, die man reformieren muss. Standard: Zum Beispiel? Gusenbauer: Das Kindergeld. Da müssen die bestehenden Benachteiligungen für berufstätige Frauen beseitigt werden und die Motivation zur Vereinbarkeit von Kind und Beruf muss hergestellt werden. (DER STANDARD, Printausgabe, 11.9.2002)