Inland
ÖVP: Vages Hoffen auf die Nummer eins
Die Volkspartei ist peinlich auf geschlossenen Kurs bedacht - Vorstand bestätigt Neuwahlantrag
Der steirische ÖVP-Klubobmann
Reinhold Lopatka wird neuer
Wahlkampfleiter der ÖVP. Er wurde nach dem Parteivorstand der
Volkspartei Dienstagabend präsentiert. Die Partei hat den Neuwahlantrag abgesegnet. Lopatka
gehörte schon bisher dem Wahlkampfvorbereitungsteam an.Die Linie der Kanzlerpartei ist
klar: Gerade wegen der Selbstzerfleischung der FPÖ ist die ÖVP
peinlichst auf geschlossene Reihen bedacht. Nicht einmal die renitentesten Landesgruppen melden sich derzeit auch nur mit einem Hauch von Kritik an der
Neuwahl-Entscheidung zu Wort.
"Schüssel oder Gusenbauer" beziehungsweise "Wer, wenn nicht
er" ist das ÖVP-Motto.
Die Hoffnung: Gegen einen
schwachen SPÖ-Spitzenkandidaten könnte man vielleicht sogar
Nummer eins im Land werden.
Gelingt dies nicht, dann wird der
Vizekanzler in einer eventuellen
rot-schwarzen Koalition wohl
nicht Schüssel heißen. Doch an
solche Szenarien will derzeit keiner bei der ÖVP denken. Im Grunde hofft man in der Kanzlerpartei
auf eine veränderte FPÖ nach der
kaum vermeidbaren blauen Wahlniederlage. Ganz zerbröseln dürfe
es die FPÖ aber auch nicht, sonst
gehe sich Rot-Grün aus, heißt es
hinter vorgehaltener Hand.
Heftiger besprochen wurde dagegen die Rolle von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider. An ihm sparten die ÖVP-Granden
nicht mit Kritik: So betonte Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer, dass er sich durchaus eine neuerliche Koalition mit
der FPÖ vorstellen könnte. Allerdings gibt es da gewisse Einschränkungen: nur mit einer FP nämlich, in der Susanne Riess-Passer oder Karl-Heinz Grasser das
Sagen haben, hingegen "würde ich
niemandem empfehlen, mit einer
Haider-Stadler-FPÖ zusammenzuarbeiten". Niederösterreichs
Landeshauptmann Erwin Pröll
sagte, die FPÖ sei "über Nacht eine
andere" geworden, mit einem
"starken Ruck nach rechts".
Agrarkommissar Franz Fischler
- nie ein Haider-Freund - ließ verlauten: "Leider hat sich herausgestellt, dass mit der Haider-FPÖ
kein Staat zu machen ist." Wichtig
sei, dass die Regierung nun bis zu
den Wahlen handlungsfähig bleibe - "damit die Erweiterungsverhandlungen wie geplant Ende dieses Jahres abgeschlossen werden".
Damit die Regierung tatsächlich
handlungsfähig bleibe, würden, so
Schüssel, alle Minister, auch die,
die ihren Rücktritt bereits angekündigt haben, bis nach der Wahl
und der Bildung einer neuen Regierung im Amt bleiben: "Stellen
Sie sich vor, was etwa ein neuer
Minister für die Verhandlungen in
Brüssel bedeuten würde." Die FPÖ
wird ihre ungeliebten Minister
deshalb wohl nicht so schnell los.
(eli, mon/DER STANDARD, Print-Ausgabe,11.9.2002)