Wien - Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer macht ihren Vorgänger als FPÖ-Obmann Jörg Haider direkt für ihren Rückzug verantwortlich. Als bei dem Delegiertentreffen in Knittelfeld das von ihr mit Haider ausgearbeitete Papier öffentlich zerrissen wurde, "war für mich alles klar", sagte Riess-Passer der "Kleinen Zeitung" von Dienstag. "Man muss wissen, dass ein Funktionär (der Kärntner FPÖ-Mitarbeiter Kurt Scheuch, Anm.) so einen Schritt nur tut, wenn er vorher von oben abgesegnet wird." Haider hätte die Delegierten für den mit Riess-Passer ausgehandelten Kompromiss gewinnen können, "wenn er es gewollt hätte". Aus ihrer Sicht habe das Treffen in Knittelfeld aber nur ein Ziel gehabt: "Die ultimative Unterwerfung der Regierungsfraktion. Kollege (Infrastrukturminister Mathias, Anm.) Reichhold hat das treffend formuliert: Man wollte uns das Rückgrat brechen und dachte, wir gehen mit Gips weiter." Warum der Kärntner Landeshauptmann dieses Papier den Delegierten nicht einmal vorgestellt habe, "müssen Sie Haider selber fragen". Sie werde jedenfalls "keine öffentliche Aufarbeitung" ihrer Zusammenarbeit mit ihm betreiben. Sie widersprach aber auch der Darstellung Haiders, der im ORF am Montagabend behauptete hatte, sie habe es abgelehnt zu dem Treffen nach Knittelfeld zu kommen: "Ich wurde nicht eingeladen". Wäre sie eingeladen gewesen, "hätte ich mich gestellt". Riess-Passer für FPÖ-Obmann Haider Riess-Passer tritt dafür ein, dass ihr Vorgänger Jörg Haider als FPÖ-Chef auch ihr Nachfolger wird. Im Pressefoyer nach dem Ministerrat meinte sie, Haider als FP-Vorsitzender wäre eine "gute und klare Entscheidung." Sie hielte es für richtig, "wenn er ihre Position übernimmt". Gleichzeitig fügte Riess-Passer jedoch an, sie werde beim kommenden Parteitag am 21. September keine Delegierte mehr sein und habe demnach auch keine Einflussmöglichkeit. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel kündigte indes den 24. November als wahrscheinlichsten Wahltermin an. Als Wahlziel gab er aus, einen sozialdemokratischen Bundeskanzler zu verhindern. Ausdrücklich unterstrich die Vizekanzlerin, dass ihr Rückzug von der Parteispitze ein endgültiger ist: "Ich halte nichts vom Rücktritt vom Rücktritt. Die Entscheidung ist für mich eine endgültige". Als Vizekanzlerin will Riess-Passer die Geschäfte so lange führen, wie es die FPÖ wünscht. Persönliche Schuldzuweisungen im Zusammenhang mit ihrem Abgang als Parteichefin unterließ die Vizekanzlerin nach dem Ministerrat: "Die Verantwortung für diese Situation tragen wir alle gemeinsam". Davon sei auch sie selbst betroffen, sei sie doch nicht im Stande gewesen, Einigkeit in der Partei herzustellen. Jeder müsse nun für sich selbst beurteilen, ob er alles dafür getan habe, eine Konsenslösung herzustellen, fügte sie wohl auch in Richtung Haider an. Zurückgewiesen wurde von Riess-Passer laut gewordene Kritik an Interimschef Herbert Scheibner: "Scheibner ist nach wie vor mein Freund". Man werde auch weiter freundschaftlich und kameradschaftlich zusammenarbeiten. Schüssel betonte nach dem Ministerrat neuerlich, dass die Handlungsfähigkeit der Regierung nicht in Frage gestellt sei. Für ihn gelte weiter das Regierungsprogramm. Nun hoffe er auch, dass der Wahlkampf kurz und sachlich verlaufe. Fragen über Jörg Haider oder den künftigen FPÖ-Chef wollte der Kanzler nicht beantworten: "Ich werde mich ab jetzt sehr mit der ÖVP beschäftigen." (APA)