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apa/epa/rousseau

Bonn/Mettmann – Im Neandertal östlich von Düsseldorf sind Forscher auf die Überreste von zwei weiteren Urmenschen gestoßen. An der erst vor fünf Jahren wiederentdeckten Fundstelle, an der 1856 der namensgebende Neandertaler entdeckt worden war, haben die Archäologen fünf Bruchstücke von Armknochen eines weiteren Neandertalers sowie den Milchzahn eines Neandertaler-Kindes geborgen.

Die Fragmente eines rechten Oberarmes sowie beider Ellen stammten "von einem eindeutig zarter gebauten Neandertaler, als es der Fund von 1856 gewesen ist", sagte am Montag der Urgeschichtler Ralf W. Schmitz von der Universität Tübingen.

Zweifelsfrei Neandertaler

Die neuen, grazileren Knochenfragmente und der Milchzahn waren im Jahr 2000 bei den jüngsten Grabungen des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege (Bonn) im Neandertal zusammen mit mehr als 60 weiteren menschlichen Knochensplittern und zahlreichen Steinwerkzeugen geborgen worden.

Die Funde hat der US-Anthropologe Prof. Fred H. Smith von der Loyola-Universität (Chicago) jetzt "zweifelsfrei" als Neandertaler-Reste bestimmen können. Erstmals haben Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich zudem das genaue Alter des "Namenspatrons" aller Neandertaler sowie der Neufunde auf rund 42.000 Jahre festlegen können, berichtete Schmitz.

Familie unwahrscheinlich

Die "anrührende Erklärung", dass es sich bei den nunmehr drei in derselben Höhle ausgegrabenen Neandertalern möglicherweise um ein Elternpaar mit seinem Kind handele, sei allerdings "weder widerlegbar noch beweisbar". Trotz der exakten Datierung mit der C14-Methode könnten zwischen den Lebzeiten der drei Urmenschen aus dem Neandertal "noch viele Jahrhunderte" gelegen haben, meinte Schmitz. Eine Verwandtschaft der drei halte er "für sehr unwahrscheinlich".

Eine Gen-Analyse des neu entdeckten, zierlichen Neandertalers deute wie frühere Untersuchungen nicht darauf hin, dass diese Urmenschenart zu den Genen der heutigen Menschen beigetragen habe. Deswegen gehöre der Neandertaler "eher nicht" zu den Ahnen der modernen Menschen, erklärte Schmitz.

Gentechnische Untersuchungen

Der Leiter der rheinischen Bodendenkmalpflege, Prof. Harald Koschik, sieht in den neuen Funden einen "Ansporn, alle Fossilien bisher bekannter Neandertaler genetisch zu untersuchen". Der Vergleich mit den Gendaten früher Formen des heutigen Menschen könne dann wichtige Aussagen über die Evolution erbringen, unterstrich auch Schmitz.

Bereits 1997 hatte Schmitz die Untersuchung der DNA-Erbsubstanz an dem im Bonner Landesmuseum verwahrten ersten Neandertaler angeregt. Die Ergebnisse hatten gegen die Möglichkeit gesprochen, dass der Neandertaler zu den Ahnen heutiger Menschen gehört hat. Stattdessen soll er vor rund 30.000 Jahren ausgestorben sein. Diese These war auch von zwei DNA-Tests an Neandertalern aus dem Kaukasus und Kroatien gestützt worden.

Schmitz hatte gemeinsam mit seinem Kollegen Jürgen Thissen 1997 die Lehmfüllung der vom Kalkabbau zerstörten historischen Fund-Höhle im Neandertal nach langen Archivforschungen wiederentdeckt und ausgegraben. Vor zwei Jahren war beiden Wissenschaftern unter anderem in dem Tal bei Mettmann der spektakuläre Fund eines knöchernen Restes der Augenhöhle geglückt, der nahtlos an die Hirnschale des vor rund 150 Jahren von Steinbrucharbeitern geborgenen Fossils passte. (APA)