IT-Business
Deutsche Software-Branche umwirbt den Mittelstand
Vereinfachte Programme sollen Business-Software für KMU attraktiver machen
Über zu wenig Aufmerksamkeit können sich die
kleinen und mittleren Unternehmen im Moment nicht beschweren. Im
Wahlkampf zählen die Sorgen und Nöte des Mittelstands zu den
beliebtesten Themen der Politiker. Und jetzt hat auch noch die
Software-Branche diese Zielgruppe für sich entdeckt. Zwar bestimmen
in kleinen Betrieben bisher eher bodenständige Vokabeln den
Umgangston, doch nach dem Willen der Software-Konzerne soll dort
künftig auch von Supply Chain Management, XML oder Migrationspfaden
die Rede sein.Mittelstand
Der deutsche Weltmarktführer für betriebswirtschaftliche Software,
die Walldorfer SAP AG, stellte in der vergangenen Woche sein neues
Programm-Paket "Business One" für den Mittelstand vor. In fünf Jahren
will die Software-Schmiede, die traditionell die Programme für
Buchhaltung, Einkauf oder Logistik in Großunternehmen liefert, ein
Fünftel ihres Umsatzes im Mittelstand erzielen. Die Grundlage der
vereinfachten Software für die Kleinen hat eine israelische Firma
entwickelt; jetzt holte sich Co-Vorstandschef und Hobby-Segler Hasso
Plattner noch 250 Partner für den Vertrieb ins Boot.
Schlechte Aussichten
Dabei hat die ganze Branche eigentlich gerade keinen Grund zum
Optimismus. Die schwache Konjunktur bremst die Investitionen der
Unternehmen in neue Software. "Früher hat man am Telefon eine
Software-Lizenz über 500.000 Euro an den Mann gebracht. Heute ist es
auch nach fünf Besuchen beim Kunden schwierig, eine für 10.000 Euro
zu verkaufen", beschreibt Helmut Bartsch, Analyst bei der Baden-
Württembergischen Bank, die Lage. Besonders groß ist die
Zurückhaltung im Mittelstand. Dort gibt es zwar noch Nachholbedarf,
den die Software-Anbieter jetzt nutzen wollen, doch der Enthusiasmus
der potenziellen Kunden über die in unverständlichem Fachjargon
formulierten Marketing-Offerten hält sich in Grenzen.
Probleme
Zwei Software-Spezialisten für den Mittelstand, die sich
international einen Namen gemacht haben, stecken derzeit in
Schwierigkeiten und suchen dringend nach neuen Investoren. Sowohl
Brain als auch Bäurer sind genau wie SAP in Baden-Württemberg
beheimatet, das sich gern rühmt, der wichtigste Standort für
Unternehmenssoftware weltweit nach dem Silicon Valley zu sein. Brain
(900 Mitarbeiter) hatte bereits eine Umstrukturierung hinter sich,
musste aber dennoch im Juli Insolvenz anmelden. Bäurer (550
Mitarbeiter) hat sich mit Zukäufen im Ausland übernommen und hofft
nun auf eine Finanzspritze. Die Branche steht nach Einschätzung von
Experten vor einem Umbruch. "Eine Konsolidierung ist so sicher wie
das Amen in der Kirche", meint Analyst Bartsch.
Absahner
Profitieren könnten vor allem zwei Große: SAP und Microsoft. Die
Amerikaner haben den Mittelstand ebenfalls ins Auge gefasst und nach
der Akquisition von Great Plains im eigenen Land in diesem Jahr auch
noch den dänischen Software-Hersteller Navision hinzugekauft. Der
Nachteil für Bill Gates und seine Mannen: Betriebswirtschaftliche
Software ist nicht ihre klassische Stärke. Der Vorteil: In den
kleinen und mittleren Unternehmen laufen schon diverse Programme aus
dem Hause Microsoft zur Textverarbeitung oder Tabellenkalkulation.
Und auch die Handelspartner von Microsoft kennen ihre Zielgruppe
bestens. Das Rennen um den Mittelstand könnte also spannend werden -
wenn der die Software überhaupt haben will.
(APA)