Wien - Jedem und jeder im Publikum stand der dringende Wunsch ins Gesicht geschrieben: Kein Haus, kein Turm, kein Erker, errichtet in vergangenen Epochen, darf mehr der "Baumafia" und "kulturellem Unverständnis" in Wien zum Opfer fallen. Nichts verändern, alles bewahren. Das Moderne ist die Sache der rund 50 Teilnehmer des Symposiums "Stadtbildveränderungen" der Österreichischen Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege in der Klimt-Villa in Hietzing am Donnerstag nicht.Schon gar nicht, wenn man an die abgebrannten Sofiensäle, den Turmbau zu Wien-Mitte und den abgerissenen Kaipalast denke. Wiener Weltkulturerbe, bist du in Gefahr, so gerät die Volksseele in Wallung: "Da kommt's mir hoch." Nichts als neue Türme in Wien, "grauslich." "Bravo." Begeisterter Einzelapplaus. "Nur Schund." Noch ein "Bravo." Schulter an Schulter will man ab nun schreiten - das Denkmalamt und die Bürgerinitiativen und martialisch den "gemeinsamen Kampf Haus um Haus" beginnen. Das Temperament mit den Kämpfern wider die Moderne Ehe das Temperament mit den Kämpfern wider die Moderne durchging, verwies Generalkonservatorin Eva-Maria Höhle vom Bundesdenkmalamt auf bestehende Gesetze zum Schutz von alten Gebäuden, an die man gebunden sei. Gleichzeitig forderte sie eine umfassende Überarbeitung des seit 1932 bestehenden, immer wieder novellierten, aber nie rundum erneuerten Denkmalschutzgesetzes. Und setzt auf die Beeinflussung der öffentlichen Meinung zugunsten alter Baudenkmäler. Schützenhilfe erwarteten sich Altbewahrer und Neuverhinderer von einem Mann namens Michael Petzet. "Icomos" warnt Er ist als Präsident des Unesco-Fachbeirats "Icomos" eine der Schlüsselfiguren in der Debatte, ob Wien das Prädikat "Welterbe" aberkannt wird. Seit Monaten schwelt die Diskussion wegen der Turmhöhe in Wien-Mitte, angeheizt durch den angedachten Bau einer Lipizzanerarena in der zweiten Wiener Welterbezone Schönbrunn. Vor dem 1. Oktober werde nichts entschieden, so Petzet. Bis zu diesem Tag muss die Stadt Wien in einem Bericht der Unesco darstellen, wie Wien-Mitte mit dem Weltkulturerbe in Inneren Stadt im Einklang stehe. Er betont abermals, dass man bei der Unesco in Paris ernsthaft daran denke, Wien von der Liste der Welterbe zu nehmen. Man möge das nicht unterschätzen. Auch hätten Proteste der "Icomos" andernorts bereits dazu geführt, dass der Umfang von Projekten wegen der Bedrohung eines Welterbes reduziert werden musst. Offene Kritik übt der Präsident an der Informationspolitik seitens Österreich: In der Dimension sei das Projekt Wien-Mitte nie dargestellt worden. "Das haben wir nicht gewusst." (Andrea Waldbrunner, DER STANDARD, Printausgabe 6.9.2002)