Wien - Kurz nachdem das im Auftrag von YLine-Masseverwalter Christof Stapf erstellte Gutachten an den Staatsanwalt weitergeleitet wurde, arbeitet Wirtschaftsprüfer Thomas Keppert schon wieder an einer Untersuchung von YLine. Diesmal geht es darum, ob die Sacheinlagen - vor allem die unzähligen Beteiligungen und Firmenakquisitionen - korrekt bewertet wurden. Dies vor dem Hintergrund, dass das Unternehmen zumindest aufgrund seiner Bilanzen auch zum Insolvenzzeitpunkt vor etwa einem Jahr nicht als überschuldet angesehen werden konnte. Dabei muss sich Keppert durch rund 25 Unternehmen kämpfen. "Die haben ja in der Hauptsache Beteiligungen gekauft, sehr oft im Tausch gegen junge YLine-Aktien", sagt ein Insider, der wie viele andere in der Sache nicht zitiert werden will. Die - mittlerweile ebenfalls in Konkurs gegangene - i-online z. B. war mit 337 Mio. S (24,5 Mio. Euro) angesetzt; eine Beteiligung an der deutschen YLine stand mit 480 Mio. S zu Buche. Gutachten unter Verschluss Das bereits angefertigte, rund 400 Seiten schwere erste Gutachten wird streng unter Verschluss gehalten, lässt es doch Schlüsse mit strafrechtlicher Relevanz zu, so Gutachter Keppert in einer Aussendung. Bereits im Juli 2000 dürfte ein enormer Liquiditätsengpass bei YLine bestanden haben. "Das Hauptkonto der Gesellschaft war bereits zu diesem Zeitpunkt mit rund 48,5 Mio. S negativ. In der Buchhaltung der Gesellschaft wurde dies allerdings nicht dargestellt", so Keppert. Durch die Neuausgabe von Aktien an der Easdaq seien jedoch kurz darauf wieder liquide Mittel in die YLine geflossen. Laut APA hat die Wiener Staatsanwaltschaft bereits Anfang dieses Jahres Ermittlungen gegen den Vorstand des insolventen Softwarehauses YLine, Werner Böhm, eingeleitet. Seit Jänner laufen sicherheitsbehördliche Vorerhebungen nach Paragraf 255 des Aktiengesetzes, der die Verletzung der Informationspflicht des Managements beziehungsweise die Falschinformation von Aktionären behandelt. Demnach droht dem Vorstand eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen. (ruz, DER STANDARD, Printausgabe 6.9.2002)