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Ungarn: Staatliches Fernsehen wegen Parteilichkeit bestraft
Medienkontrollkommission kritisiert "einseitige" Berichterstattung
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen in Ungarn
(MTV) ist von der Medienkontrollkommission des Landes wegen
parteilicher Berichterstattung zu Gunsten der damals regierenden
Konservativen verurteilt worden. MTV muss an einem festgelegten Tag
während der Zeit der Abendnachrichten für eine halbe Stunde die
Ausstrahlung seines Programmes einstellen. Dies gab am Mittwoch ein
Vertreter der Nationalen Radio- und Fernsehkommission (ORTT), deren
Beschwerdegremium die Strafe ausgesprochen hatte, bekannt.
Für Orban Stellung bezogen
MTV wird vorgeworfen, in seinen politischen Sendungen während der
Wahlkampagne eindeutig für die damalige Regierung des
Rechtskonservativen Viktor Orban Stellung bezogen zu haben. Unter
anderem wurde nach Bericht der Tageszeitung "Nepszabadsag" von ORTT
bemängelt, dass die Programmvorschau zur Demonstration von Orbans
Bund Junger Demokraten (Fidesz) vor dem Budapester Parlament am 13.
April "alle Merkmale einer politischen Belangsendung" getragen habe,
aber nicht als solche ausgewiesen gewesen sei.
Ähnlich wurden Nachrichtenberichte des Fernsehsenders beurteilt,
die zwei Tage vor dem 2. Wahlgang der Parlamentswahlen ausgestrahlt
worden waren. Dabei hätten die Abendnachrichten von MTV besonders
ausführlich von den Erfolgen der Regierung berichtet. Die
zusammenfassenden Sendungen über die Kampagnen der beiden größten
Parteien des Landes - Fidesz und Sozialisten - seien ebenfalls
eindeutig parteiisch gewesen: während die Sendung über die Fidesz ein
"meisterhaft zusammengestellter Propagandafilm" gewesen sei, habe der
Sender über die Kampagne der oppositionellen Sozialistische Partei
(MSZP) eine "harte Analyse" gebracht.
Berufung
MTV will nach Informationen von "Nepszabadsag" gegen das Urteil
berufen, da der Sendungsausfall für den finanziell angeschlagenen
Sender einen beträchtlichen Verlust an Werbeeinnahmen verursachen
würde. Die meisten Redakteure, die für die beanstandeten Sendungen
verantwortlich waren, haben MTV kurz nach dem Regierungswechsel
verlassen.
Die ORTT ist ein Gremium, das mit der Kontrolle aller
elektronischen Medien in Ungarn befasst ist. Sie verteilt unter
anderem auch Fernseh- und Radiolizenzen, und kontrolliert die
Gesetzmäßigkeit der Sendungen, etwa die Unabhängigkeit und
Ausgewogenheit des öffentlich-rechtlichen Radios und Fernsehens. Die
Kommission ist berechtigt, bei Verstoß gegen die Vorschriften des
Mediengesetzes Strafen gegen das betreffende Medium zu verhängen. (APA)