Wien - Die Regierung habe ein Jahr lang die Terroranschläge des 11. September missbraucht und dadurch massiv Bürgerrechte eingeschränkt, lautet die auf Österreich bezogene Bilanz des grünen Sicherheitssprechers Peter Pilz. Der Terroranschlag vom vergangenen Jahr habe auch hierzulande eine Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen gebracht, die jedoch alles andere als zielgerichtet gewesen seien.

Obwohl kein terroristischer Angriff zu erwarten und die Bedrohung durch ein grenznahes Atomkraftwerk wesentlich größer sei, konzentrieren sich laut Pilz die Maßnahmen auf die Abwehr unwahrscheinlicher Terrorakte: "In Wahrheit werden dadurch vor allem kritische Bürger und Journalisten getroffen."

So habe ein großer Lauschangriff, bei dem Hunderte Menschen besonders aus dem arabischen Raum überwacht worden wären, lediglich einen Sozialhilfebetrug ans Licht gebracht. "Das ist eine sehr teure Art und Weise, Sozialhilfebetrügereien auf die Spur zu kommen", kritisierte Pilz.

Die Pressefreiheit, die Versammlungsfreiheit, der Schutz der Privatsphäre sowie die Überwachung und Verfolgung von Kritikern seien vier komplexe Gebiete, in die die Regierung massiv eingegriffen habe, behauptet Pilz: "Allein bei der Pressefreiheit konnten wir das Schlimmste verhindern. Das Informationssicherheitsgesetz ist durch unsere Arbeit nur in einer harmlosen Variante beschlossen worden." Das Vermummungsverbot, die unbefristete Verlängerung des Lauschangriffes und der Rasterfahndung, die Erleichterung der Rufdatenrückerfassung bei Handys sowie der Terrorismus-Paragraf als neuer Tatbestand im Strafgesetzbuch seien dagegen beschlossen worden und würden massiv in die Bürgerrechte eingreifen.

Außerdem würden der Umbau der Staatspolizei zu einem Geheimdienst und die Einführung der bezahlten Spitzel samt der Spitzelkartei sowie die Einführung von Spitzeln mit gefälschter Legende im Militär zu weniger Freiheit und Grundrechten führen, stellte Pilz fest.

Süffisanter Nachsatz: "Ich hoffe, dass diese Bilanz in einem Jahr schon wieder ganz anders aussieht. Und die beste Voraussetzung für eine derartige Änderung ist, wenn die FPÖ ihren Weg weiter so erfolgreich geht." (kob/DER STANDARD, Printausgabe, 5.9.2002)