Paris - Der schwer kranke französische
Nazi-Kollaborateur Maurice Papon bleibt in Haft. Die Pariser
Staatsanwaltschaft lehnte am Mittwoch eine Freilassung des
92-jährigen Papon ab. Bei einer Haftverschonung sei die öffentliche
Ordnung bedroht, erklärte die Staatsanwaltschaft. Das Pariser
Berufungsgericht entscheidet am 18. September, ob es dem Antrag der
Staatsanwaltschaft folgt.
Papon war 1998 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu zehn
Jahren Haft verurteilt worden. Während der Besetzung Frankreichs
durch Deutschland im Zweiten Weltkrieg hat er sich als hoher
Funktionäre des Vichy-Regimes der Beihilfe an der Deportation von
mehr als 1.500 Juden schuldig gemacht. Die meisten Deportierten
wurden im Konzentrationslager Auschwitz ermordet oder kamen unter den
dort herrschenden Bedingungen ums Leben. Nach dem Krieg war Papon
unter anderem Polizeichef von Paris und gegen Ende seiner
Beamtenkarriere Minister für Haushaltsfragen unter Präsident Valery
Giscard d'Estaing.
Chirac lehnt Gnadengesuche Papons ab
Die Freilassung Papons war von seinen Anwälten unter Hinweis auf
seinen Gesundheitszustand beantragt worden. Zwei Ärzte hatten im
vergangenen Jahr erklärt, dass er unter einer "weit
fortgeschrittenen, schweren und schwächenden
Herz-Kreislauf-Krankheit" leide. Papon ist demnach zu keiner
selbstständigen Handlung mehr fähig und mittlerweile bettlägrig.
Wiederholt lehnte der französische Präsident Jacques Chirac
Gnadengesuche Papons ab.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Juli eine
Klage für eine vorzeitige Haftentlassung Papons zugelassen. Nach
einer Entscheidung der Straßburger Richter war das Verfahren gegen
den Nazi-Kollaborateur in Bordeaux "ungerecht". 1999 wurde Papon ein
Prozess vor dem Kassationsgericht verweigert, weil er nicht wie
damals noch vorgeschrieben am Vorabend im Gefängnis erschienen war. (APA)