Nur recht beschränkt ein Sekretär

Schon allein der Preis signalisiert: Hier kommt ein Businesshandy. 499 Euro bei Erstanmeldung und 700 bis 800 Euro im freien Verkauf - das gibt kaum jemand für einen netten Freizeitspaß aus. Die Erwartung, neben einem modernen Handy und einer netten Kamera aber gleich auch einen Ersatz für die gängigen elektronische Organizer wie Palm oder Ipaq zu bekommen, erfüllt sich aber nur zum Teil.

Zu den großen Pluspunkten des 7650 zählt sicher das große, scharfe Farbdisplay, das "wappen" erstmals wirklich zu einem Vergnügen macht. Börsekurse, Nachrichten und viele Internetseiten in Farbe sind ein ziemlich großer Schritt vorwärts. Auch die üblichen Handyfunktionen wie "Anrufe in Abwesenheit" oder empfangene SMS werden bequem und übersichtlich geordnet, wie es bisher bei Handys nicht üblich war.

Weniger gut sind hingegen Kalender und E-Mail-Programme. Hier reicht das Gerät bei weitem nicht an die Features von Palms und Ipaqs heran. Mail-Attachements können zwar heruntergeladen, aber nicht gelesen werden. Nicht ganz nachvollziehbar ist, dass Nokia auf ein Datenkabel verzichtet und nur auf Infrarot oder Bluetooth setzt.

Damit kann das 7650 nicht mit normalen Büro-PCs synchronisiert werden. Und auch Alternativen zur mühsamen Texteingabe über die einschiebbare Handytastatur fehlen.

Unter dem Strich ist das 7650 ein sehr vielseitiges Gerät, das andere Handys sehr alt aussehen lässt.

Als professioneller Organizer-Ersatz ist dieses Handy allerdings aber noch nicht zu empfehlen, dafür eignet sich der Communicator 9210 weiterhin besser.

Fotografieren ist der Kern des Nokia 7650

Unter allen Handgeräten, die das digitale Universum derzeit bevölkern, ist das Nokia 7650 eines der vielseitigsten. Die Funktion, die es jedoch am stärksten aus dem reichhaltigen Angebot hervorhebt, ist zweifelsohne die Fotografie.

Dank seiner eingebauten Kamera (die Kamera des augenblicklich einzigen Konkurrenten, dem Sony Ericsson T68i, ist ein Zusatz zum Anstecken) wird der Schnappschuss zum integrier-ten Bestandteil des Handys: Ob als Bildnachricht an ein anderes Handy, als individueller Bildschirmschmuck oder als Porträt des gerade anrufenden Gesprächspartners.

Die Handhabung ist so einfach wie logisch: Die Kamerafunktion wird über eine Menütaste aktiviert, das Objektiv ist auf der Rückseite des Handys, der Bildschirm wird zum Sucher, der Joystick zum Auslöser, und knips.

Das so geschossene Bild kann über die neue MMS-Funktion (Multimedia Messaging) so einfach versandt werden wie bisher Kurznachrichten; zusätzlich zum Bild kann ein Text mitge-schickt werden. Der Spaß mit den neuen Bildnachrichten - ob als Postkarte vom Gipfelkreuz oder für professionelle Anwendungen wie Kfz-Schadensbegutachtungen - wird derzeit noch von den Betreiberangeboten einerseits und fehlenden bildtauglichen Endgeräten bei Empfängern andererseits begrenzt.

MMS gibt es derzeit nur bei A1 und T-Mobile und nur jeweils innerhalb dieser Netze. Bildtaugliche Endgeräte sind neben dem Nokia 7650 noch das Nokia 3510 (kann MMS empfangen und versenden, hat aber keine Kamera) und das schon erwähnte Sony Ericsson.

Bilder können aber auch, etwas umständlicher, per E-Mail verschickt werden oder (bei A1) vom Empfänger ohne Bildhandy über Internet abgeholt werden. In diesem Fall wird der Empfänger per SMS von seiner Bildnachricht samt dazugehöriger Internetadresse verständigt.

Die Bilder verändern jedoch auch ohne Versand die Art des Handygebrauchs. Ein Porträt kann in den Kontakteinträgen des Organizers aufgenommen werden; wird die dazugehörige Nummer angerufen - oder ruft dieser Kontakt an - er-scheint das Bild mit dem Namen.

Gute Bildqualität

Die Bildqualität überrascht positiv: Mit einer Auflösung von 640 x 480 zwar nicht für Ausdrucke geeignet, sind sie kleinen Schnappschüsse in erster Linie spontaner Aus-druck des Augenblicks; für die Bildschirmgröße werden die Bilder umgerechnet. Je nach Einstellung kann das 7650 ein paar Dutzend dieser Bilder speichern, was in unserem Test völlig ausreichend war. Größtes Handicap: Mangels Kabelverbindung des 7650 ist die Übertragung auf einen PC in der Praxis fast auszuschließen - Bluetooth ist für das Kabel zumindest derzeit noch kein alltagstauglicher Ersatz, und Infrarot ist mühsam und bei Desktops nicht vorhanden. (Helmut Spudich/Michael Moravec - DER STANDARD, Printausgabe, 4. September 2002)