Neu-Delhi/Islamabad/Wien - Am 13. Dezember 2001, knapp zwei Monate nach dem Beginn des Afghanistankriegs, fuhren sechs Männer mit Sirenengeheul in einem Dienstwagen der indischen Sicherheitskräfte vor dem Parlament in Neu-Delhi vor, stiegen aus und eröffneten das Feuer. Fünf Polizisten und ein Gärtner starben bei der Schießerei mit den Terroristen, zwanzig Abgeordnete wurden verletzt. Der Anschlag muslimischer Extremisten aus dem Nachbarland Pakistan gegen das Zentrum der indischen Demokratie hätte der letzte Funken sein können, der einen Krieg zwischen den beiden Staaten auslöste - und Südasien samt der Strafaktion der USA gegen Afghanistan in Brand gesetzt hätte. Forderungen aus Indien

Der Kaschmirkonflikt schwelte bereits seit Monaten, als Washington seine Truppen gegen das Regime der Taliban in Kabul in Marsch setzte. Er bleibt weiter das Leck im Boot der Antiterrorpartner, das Washington unablässig stopfen muss mit diplomatischen Formeln und Krediten (50 Millionen US-Dollar erhielt Pakistan, das Schlüsselland beim Aufmarsch gegen Afghanistan, als erste Starthilfe), soll die internationale Koalition nicht untergehen. Fast eine Million Soldaten haben Neu-Delhi und Islamabad zeitweise an der Kontrolllinie zusammengezogen, und Raketen getestet. Der Anlass sind die muslimischen Extremisten im pakistanischen Teil des Kaschmir, zum Teil ausgebildet von Al-Qa’ida-Männern. Indien nimmt die USA in die Pflicht, um Druck auf Pakistan auszuüben; Pakistans Machthaber Musharraf fordert Verständnis für sein Taktieren mit den Islamisten. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 4.9.2002)