Anna Nicole Smith spricht nur im Beisein ihres Anwalts. Die beiden sitzen im Auto und sind auf dem Weg zu einer Party. Der Anwalt, Howard K. Stern, spricht über Tote bei Selbstmordanschlägen und entlockt damit dem "Playmate des Jahres 1992" einen "entwaffnenden Moment der Selbsterkenntnis" (Frankfurter Allgemeine Zeitung): "Ich werde nichts tun als mein Maul halten. Ich weiß überhaupt nichts über gar nichts, oh yeah."Seit einer Woche ermöglicht der amerikanische Kabelsender E! Entertainment Einblicke in das Privatleben von Anna Nicole Smith, der 34-jährigen Witwe eines mit 89 verstorbenen texanischen Ölmagnaten. Smith begibt sich damit als Erste in die Gefolgschaft von Hardrocker Ozzy Osbourne. MTV landete mit der gefälligen Familiensitcom "The Osbournes" vergangenes Jahr wie berichtet einen Überraschungserfolg. Mittlerweile stehen die Nachahmer Schlange, ein neuer Trend scheint geboren: "Reality-Sitcom" - mit Prominenten als Zugpferden. Liza und Cybill Die angekündigten Kopien lassen freilich einiges befürchten. Liza Minnelli und Ehemann David Gest feiern für VH-1 ab Oktober ihre Partys live. Rapper Sean "P. Diddy" Combs fährt ab 12. Oktober als Talentesucher durchs Land. Cybill Shepherd und der ehemalige Football-Star Brian "Kato" Kaelin möchten ebenfalls gerne Privates im Fernsehen zeigen. Dass mit abgetakelter Prominenz gut Kasse zu machen ist, entdeckte auch der Sender America TV: Der frühere Fußballstar Diego Maradona soll in einer eigenen TV-Show unter anderem den kubanischen Staatschef Fidel Castro oder Argentiniens ehemaligen Präsidenten Carlos Menem interviewen. Ob das Spektakel ankommt, wird sich zeigen. Der Auftritt von Thomas Borer-Fielding, dem ehemaligen Schweizer Botschafter in Berlin, als Moderator einer NDR-Talkshow geriet gerade zum schnell beendeten Fiasko. Ähnlich scheint es nun Anna Nicole Smith zu gehen. Amerikas Presse ist ob des Dargebotenen schlicht empört: Smith und ihr unter tiertherapeutischer Obhut stehender, Prozac einnehmender Pudel "Sugar Pie" bereiteten den Medien eine "qualvolle halbe Stunde" (USA Today) oder gar "Brechreize". Sie befanden damit klar gegen das Publikumsinteresse: Vier Millionen Zuseher für die erste Folge bescherten dem Sender die höchste Quote seiner Geschichte. (Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe vom 13.8.2002)