Als Sabine Christiansen - derzeit eine der Vorzeigejournalistinnen im deutschsprachigen Raum - 1987 die Moderation der "Tagesthemen" von Hans Joachim Friedrichs übernimmt, wird sie vom Spiegel als "Blondmaus" abgekanzelt. Die Zeit hingegen bezeichnet sie als "Eisschrank der ARD" und fragt: "Müssen sich Frauen ihrer weiblichen Eigenschaften entäußern, wenn sie in dieser Gesellschaft was werden wollen?". Man(n) richtet es sich, wie man(n) es braucht: Mal zu viel Weiblichkeit für die Nachrichten; mal zu kühl, um als Frau durchzugehen.

Das von der Göttinger Medienwissenschafterin Elisabeth Klaus im vorliegenden Sammelband zu "Geschlechterperspektiven in den Medien" angeführte Beispiel Christiansen zeigt, wie Frauen bewertet werden, die in männliche Domänen des Journalismus einbrechen. Zwar seien in vielen europäischen Staaten ein Drittel der JournalistInnen Frauen. Sie seien aber vor allem als "freie" Mitarbeiterinnen oder in "Frauenressorts" - wie Soziales, Bildung oder Kultur - konzentriert. Auch die hierarchische Diagnose ist eindeutig: "Die gläserne Decke hält", merkt die Gewerkschafterin und STANDARD-Redakteurin Astrid Zimmermann in ihrem Beitrag an.

In dieser Zusammenfassung des 4. Journalistik-Tages des Salzburger Instituts für Kommunikationswissenschaften finden sich auch Lösungsansätze für Frauen, deren Karrieren als Journalistinnen nicht zuletzt an den familiären Rollenverteilungen scheitern. Zimmermann etwa schlägt die Bildung von Frauennetzwerken vor. Damit könne der Informationsvorsprung der männlichen Kollegen, die nach Dienstschluss auf ein Bier gehen, während sie zu Küche oder Kindern eilt, etwas ausgeglichen werden. (Thomas Neuhold/DER STANDARD, Printausgabe, 07.08.2002)