Guillaume Canet und Alba Rohrwacher als Mathieu und Alice.
Was wäre, wenn? "Zwischen uns das Leben" ("Hors-saison") stellt die Frage nach verpassten Chancen.
Gaumont Alamode-Film

Dem französischen Regisseur Stéphane Brizé eilt der Ruf eines Sozialrealisten voraus, denn seine bekanntesten Filme zeugen von Konflikten am Arbeitsplatz: Streik oder Der Wert des Menschen. Doch Brizé hat auch eine romantische Seite. Programmkino-Connaisseurs kennen diese bereits von dem wunderbaren Liebesfilm Mademoiselle Chambon (2009) mit seinen Stammschauspielern Sandrine Kimberlain und Vincent Lindon als Musiklehrerin und Familienvater, die nicht zueinanderfinden.

Versagensängste

Eine ähnliche Konstellation zeigt Brizé in Zwischen uns das Leben (Hors-saison). Der deutsche Titel seines neuen Films, der letztes Jahr auf dem Filmfestival in Venedig für einen bittersüßen Ausklang sorgte, ist Programm. Schließlich geht es um zwei, die sich ein halbes Leben lang verpasst haben.

Einer davon ist Mathieu (Guillaume Canet), ein ausgebrannter, sehr erfolgreicher Schauspieler aus Paris, der sich wegen eines Burn-outs an der französischen Atlantikküste erholen soll. Wie ein trauriger Clown tapst er durchs handtuchweiße Kurhotel, scheitert an der futuristischen Kaffeemaschine, lässt auf der Massagebank Selfies mit sich machen und versucht erfolglos, mit seiner vielbeschäftigten Partnerin zu telefonieren.

Polyfilm Verleih

Aus der bedröppelten Lethargie reißt ihn seine Ex-Freundin Alice (Alba Rohrwacher). Sie wohnt überraschenderweise in dem Ort, mit Mann und Kind. Zuerst spielen sie einander etwas vor, doch nach und nach wird klar: Beide hat die Versagensangst an diesen Ort geführt. Mathieu ist auf der Flucht vor einem Theaterstück, das ihm – dem Filmschauspieler – Lampenfieber einjagt; und die Exil-Italienerin Alice mit dem rollenden "R" hätte einmal eine gefragte Musikerin werden können, jetzt verdingt sie sich als Nachhilfelehrerin. Schicht für Schicht öffnen sich die beiden verlorenen Seelen einander – doch Mathieus Abreise naht. Eine ehrliche, wundervoll vertonte Fast-Romanze mit trockenem Humor und viel Mitgefühl für ihre von der Midlife-Crisis gebeutelten Figuren. (Valerie Dirk, 2.5.2024)