Die einstigen FPÖ-Spitzenpolitiker Johann Gudenus, Norbert Hofer und Heinz-Christian Strache mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán (links) im Zuge eines Arbeitstreffens in Wien.
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Wie hat die FPÖ ihre Arbeit in der Bundesregierung angelegt? Mehrere Hundert Seiten an ausgewerteten Chats geben detaillierte Einblicke in das Innenleben der Freiheitlichen. Sie stammen vom Smartphone des früheren Parteichefs und Vizekanzlers Heinz-Christian Strache, das im Sommer 2019 im Zuge der Casinos-Affäre sichergestellt worden ist.

Der von der ÖVP eingesetzte U-Ausschuss zu "rot-blauem Machtmissbrauch" hatte Auswertungen der Chats angefordert. Erste Inhalte daraus wurden bereits Ende Februar bekannt. Dabei handelt es sich um Kommunikation, die von der Staatsanwaltschaft nicht als strafrechtlich, aber als politisch relevant eingestuft wird. Zuvor hatten derartige Auswertungen auf Antrag von Ibiza- und ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss vor allem ÖVP-interne Chats zum Inhalt.

Ein großer Teil der nun bekanntgewordenen Chats hat medienpolitische Überlegungen der FPÖ zum Inhalt. Medienmanager schworen ihre Treue zu den Blauen, einzelne Journalisten beim ORF sollten gepusht und Andreas Gabalier bei Ö3 gespielt werden. DER STANDARD hat die wichtigsten Erkenntnisse dazu zusammengefasst.

ÖVP-Mann Amon für Kickl ein "No-Go"

Aber nicht nur im Bereich der Medien gab es Personalwünsche. Eine Vielzahl von Nachrichten zeigt, wie sich Beamte – etwa Polizisten – an Strache wendeten, um karrieretechnisch gefördert zu werden. Im Umkehrschluss überlegten die damaligen Spitzenpolitiker der FPÖ, welche Positionen sie mit Günstlingen besetzen können, um machtpolitisch an Einfluss zu gewinnen. So galt es zu verhindern, dass der langjährige ÖVP-Abgeordnete Werner Amon in der Volksanwaltschaft für das Innenministerium (BMI) zuständig wird. "Nicht dass der Amon dann das BMI prüft. Nogo!! Bitte bei Entscheidungsträgern kommunizieren!", schrieb der damalige Innenminister und heutige FPÖ-Chef Herbert Kickl an Strache.

Kickl wehrte sich auch gegen Personalwünsche, die von der ÖVP in Richtung Innenministerium herangetragen wurden – was Strache durchaus Sorge bereitete. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) werde "durchdrehen", wenn einer ihrer Favoriten den gewünschten Posten nicht erhalte, warnte Strache. Kickl erinnerte ihn daran, "wie die Dame mit Udo umgegangen ist" – also mit Udo Landbauer, ihrem heutigen Stellvertreter als Landeshauptfrau.

Spenden für österreichisch-chinesisches Institut

Auch Ex-Klubobmann Johann Gudenus, dessen Politkarriere ebenso wie jene Straches durch das Ibiza-Video endete, taucht in den Chats auf. Er bat offenbar um Spenden für das "österreichisch-chinesische Institut für Wirtschaft und Wissenschaft", das er "mit Freunden gegründet" habe. Man habe "direkten Kontakt zur KP", also zur totalitären Kommunistischen Partei Chinas, prahlte Gudenus gegenüber Strache. "Wenn Delegationen kommen, werden wir immer eingebunden."

Der damalige Vizekanzler zeigte sich verwundert: "Wieso brauchen sie Spenden? Sollte doch zu uns laufen", woraufhin Gudenus antwortete, das sollte "unabhängig davon sein". Das Institut wird derzeit von Florian Stermann geleitet, dem früheren Präsidenten der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft (ORFG), die etwa in der Causa rund um den mutmaßlichen russischen Spion und Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek eine wichtige Rolle spielt.

Auf Anfrage des STANDARD teilte Gudenus mit, dass er den Verein gegründet hatte, um "sich mit einer der größten Wirtschaftsnationen der Welt auszutauschen". Und: "Dass dort die KP regiert, ist deren Sache." Diese sei ja "in Graz sogar demokratisch gewählt" worden.

Schon im Ibiza-Video war China kurz Thema gewesen. So erwähnte Strache etwa auch, dass er auf Du und Du mit den Reichen gewesen sei, auch mit Künstlern und vor allem den Wichtigen in Russland, in China, auch aus Österreich: "Die Hunde haben dicke Kohle."

Hilfe für Pokercasino-Betreiber

Aus den Chats geht außerdem einmal mehr hervor, wie sich Strache für mit ihm bekannte beziehungsweise befreundete Unternehmer eingesetzt hatte. So schrieb er etwa dem damaligen Regierungskoordinator und Verkehrsminister Norbert Hofer, dass Pokercasino-Betreiber Peter Zanoni um einen Termin bei Hofer ersuchen würde. "Bitte rufe Herrn Peter Zanoni an. Er ist Unternehmer, hat Probleme und du und die FPÖ seid seine letzte Hoffnung." Hofer kam dem Wunsch Straches jedoch nicht nach: Er werde Zanoni "bei seinen steuerlichen Problemen unmöglich helfen können und ich möchte gerade in dieser Situation besser keinen Kontakt zu einem Casinobetreiber". Strache zeigte sich daraufhin enttäuscht und schrieb: "Verstehe :-(".

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hatte im Zusammenhang mit Zanoni auch Ermittlungen gegen Strache geführt, diese aber eingestellt. Die Ermittlerinnen und Ermittler hatten vermutet, dass sich Strache für eine Gesetzesänderung zugunsten Zanonis eingesetzt hatte und im Gegenzug auf einen Urlaub eingeladen worden war, konnten das allerdings nicht belegen.

Posten für Immounternehmer

Einen Freispruch gab es für Strache außerdem im Zusammenhang mit dem Unternehmer Siegfried Stieglitz. Die WKStA hatte ihm vorgeworfen, dem Immobilienunternehmer einen Aufsichtsratsposten bei der Autobahngesellschaft Asfinag verschafft zu haben – und zwar im Gegenzug für Spenden an den FPÖ-nahen Verein Austria in Motion.

Nicht zum Zug kam Stieglitz hingegen bei einem anderen Aufsichtsratsjob, nämlich für die ÖBB, was auch Thema in den nun bekanntgewordenen Chats ist. Zunächst soll Stieglitz nämlich der Posten durch Hofer versprochen worden sein – das teilte der Unternehmer Strache mit: "Ich habe ihm (Hofer, Anm.) mit großer Freude zugesagt und mich bei ihm für sein und dein großes Vertrauen bedankt!"

Die Sache scheiterte schlussendlich aber. Strache beklagte sich daraufhin bei Hofer, dass Stieglitz "aufgrund unserer Zusage fix damit gerechnet" habe. Und er erinnerte diesen noch einmal daran, dass ihm "fix zugesagt" worden sei, "dass er den AR (Aufsichtsrat, Anm.) in der ÖBB-Holding bekommt". Hofer verwies daraufhin kurz angebunden – er weilte zu diesem Zeitpunkt gerade beruflich in Japan – auf Gilbert Trattner, Aufsichtsratsvorsitzender der ÖBB-Holding. Dieser wisse Bescheid und "kennt den Wunsch". (Sandra Schieder, Fabian Schmid, 29.3.2024)