Von Schutz ist die Rede. Vom Schutz Jugendlicher vor sexuellem Missbrauch, der laut ÖVP-Justizsprecherin Maria Fekter auch schon vor der Aufhebung des Schwulen-"Schutzalters" nicht mehr gegeben gewesen sei. Junge Mädchen mit Missbrauchserfahrung - und nach der "209er"-Streichung junge Burschen auch - würden, sobald sie das 14. Lebensjahr überschritten hätten, vor Gericht "wie Erwachsene" behandelt.Die Täter würden ganz normal wegen "Vergewaltigung", "geschlechtlicher Nötigung" oder "Schändung" angezeigt: Paragrafen, deren Anwendung die Richter nicht zur Rücksicht auf jene "spezifischen Formen subtiler Machtausübung" verpflichte, die 14- bis 16-Jährige leichter zu Opfern sexueller Ausbeutung machen als Ältere. Deshalb, so Maria Fekter und mit ihr weite Teile der Volkspartei, müsse ein neuer "Missbrauchsparagraf" für 14- bis 16-Jährige her. Zusätzlich zu den im EU-Vergleich rekordverdächtigen 14 einschlägigen Bestimmungen, die das Strafgesetzbuch bereits enthält. Paragrafen, die schon in Wortwahl und Formulierung von Antiquiertheit künden. In denen nicht von "Missbrauch", sondern von "Unzucht" die Rede ist und von "sittlicher Gefährdung", Begriffen, mit denen die Mehrheit der Bevölkerung in einer modernen Gesellschaft nicht mehr viel anzufangen weiß. Von denen sie sich keinen Schutz mehr erhofft, weil sie dem juristischen Laien großteils unverständlich bleiben. Dieses Unverständnis, so scheint's, will die ÖVP, nach Aufhebung des Paragrafen 209 in einem Rückzugsgefecht befindlich, nun zu parteipolitischem Kleingeld machen. Statt, wie in den vergangenen Jahrzehnten des Öfteren gefordert, das Sexualstrafrecht zu durchforsten und zu erneuern, schwebt ihr eine neue Zusatzbestimmung vor. Eine, die das "Schutzalter" subtil, aber doch von 14 auf 16 Jahre erhöht. Grad so, als gäbe es nicht ohnehin ausreichend strenge Bestimmungen. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.6.2002)