Auf der einen Seite der ÖVP-Politiker, der beim Maibaum-Aufstellen und auf Grillfesten für Stimmen wirbt, auf der anderen Seite der Spitzenpolizist, der Hausdurchsuchungen organisiert, Zeugen einvernimmt und Daten analysiert: Der gebürtige Amstettener Manuel Scherscher hat zwei Hüte auf. Und die passen, zumindest laut der Opposition, nicht so recht zusammen.

Manuel Scherscher warnt vor falschen Polizisten
Manuel Scherscher leitet die Abteilung Wirtschaftskriminalität im Bundeskriminalamt.
APA/HELMUT FOHRINGER

Zum Thema wurde dies, als bekannt wurde, dass Scherscher die Soko Signa leiten wird. Also jene Ermittlungsgruppe, die mutmaßliche Malversationen rund um René Benkos gefallenes Immobilien- und Handelsimperium unter die Lupe nehmen wird. Der Ex-Milliardär pflegte bekanntlich zu fast allen Parteien gute Beziehungen, insbesondere zur ÖVP. Und der gehört wiederum Scherscher an.

Kabinettsmitarbeiter bei Sobotka

Der 44-Jährige hat eine für Spitzenpolizisten durchaus typische Karriere absolviert: Mit 21 ging er zur Gendarmerie, studierte neben dem Polizeidienst Jus und gelangte ins Innenministerium, wo er zunächst im Bereich Fremdenwesen tätig war. Wolfgang Sobotka (ÖVP) holte ihn 2016 ins Ministerkabinett, wo Scherscher für polizeijuristische Belange zuständig war. Als Herbert Kickl (FPÖ) den Chefsessel in der Herrengasse einnahm, wechselte Scherscher ins Bundeskriminalamt, wo er seither die Abteilung Wirtschaftskriminalität leitet. Genau deshalb sei er auch "die behördliche Leitung" der Soko Signa, und natürlich sei er unbefangen, erklärte ein Sprecher seiner Behörde zuletzt.

Wer sich in Scherschers Social-Media-Kanälen umsieht, entdeckt einen durchaus leidenschaftlichen Ortsvorsteher von Mauer-Greinsfurth, einem Stadtteil von Amstetten, der sich für den Dorferneuerungsverein, eine Geschwindigkeitsreduktion im Ortskern und den Römerwanderweg begeistert. Oder, privat, fürs Langlaufen, Trompetespielen und Joggen.

Gleichzeitig wird klar, dass Scherscher bestens innerhalb der ÖVP vernetzt ist. Fotos zeigen ihn mit Kanzler Karl Nehammer, Klubobmann August Wöginger und Andreas Hanger, dem Fraktionsführer des U-Ausschussteams. Und natürlich ist da noch Scherschers Ex-Chef Sobotka, der laut den Terminkalendern der Signa in den vergangenen Jahren dutzende Treffen mit Benko hatte. Mit jenem Benko also, dessen Schloss in Igls bei Innsbruck am Dienstag von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und Scherschers Soko Signa durchsucht wurde.

Polit-Ambitionen

Rechtlich ist die Lage klar: Beamte dürfen sich politisch engagieren; befangen ist nur, wer direkt mit Verdächtigen oder Opfern verbunden ist. Andere im Innenressort sprechen hinter vorgehaltener Hand von einer "Vermischung von Arbeit und Politik", die typisch für das ÖVP-dominierte Haus sei. Womöglich wird die Trennung aber bald vollzogen: Kollegen sagen Scherscher starke Ambitionen auf einen Einzug in den Nationalrat nach. (Fabian Schmid, 25.6.2024)