Beamte waren am Dienstagvormittag vor der Villa René Benkos im Innsbrucker Stadtteil Igls zu sehen.
APA/MARKUS ANGERER

In der Villa von René Benko im Innsbrucker Stadtteil Igls und in der Signa-Zentrale in Wien hat es Dienstagfrüh Hausdurchsuchungen gegeben. Ein Sondereinsatzkommando und eine Drohne sollen vor der Villa Benkos im Innsbrucker Stadtteil Igls gesehen worden sein, wie tirol.orf.at schrieb. Laut Profil fanden auch Razzien in Wohnsitzen seiner Familie sowie bei (Ex-)Geschäftsführern statt.

Darunter sei der frühere Signa-Holding-Vorstand Christoph Stadlhuber, wie dessen Anwalt Otto Dietrich dem Kurier bestätigte. Insgesamt gebe es an fünf bis zehn Standorten Durchsuchungen, berichtete das Ö1-Mittagsjournal. Einer davon ist die Privatadresse des langjährigen Signa-Finanzchefs Manuel Pirolt, wie sein Anwalt Michael Rohregger dem ORF-Radio bestätigte. Die Vorwürfe seien bereits bekannt: "Es geht darum, dass entweder finanzielle Mittel in der Signa-Gruppe nicht widmungsgemäß verwendet worden seien oder dass man bei Finanzierungen die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht richtig dargestellt hätte." Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) führt den Signa-Manager in fünf Fällen als Beschuldigten, er weist alle Vorwürfe zurück. Für die genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.

Bei der Hausdurchsuchung am Dienstag wurden vor allem Tablets, Handys und USB-Sticks sichergestellt. Profil berichtete, dass alle involvierten Anwälte offenbar gesammelt zum EM-Fußballspiel Österreichs gegen die Niederlande nach Berlin gepilgert seien und deshalb von dort aus ihre Mandanten beraten mussten.

Video: Hausdurchsuchung bei Benko-Villa in Innsbruck und Signa in Wien.
APA

Von der WKStA angeordnet

Norbert Wess, Anwalt von René Benko, bestätigte dem STANDARD, dass derzeit eine Hausdurchsuchung laufe, um "allfällige Unterlagen zu den ohnehin medial kolportierten Vorwürfen" sicherzustellen. Die Ermittler agierten sehr professionell, betonte Wess; auch sein Mandant kooperiere konstruktiv. "Zu den Vorwürfen als solchen werden wir gegenüber den Strafverfolgungsbehörden so rasch wie möglich Stellung beziehen. Wir sind sehr zuversichtlich, dass diese allesamt als inhaltlich unrichtig ausgeräumt werden können", sagte Wess der APA. Das Ermittlungsverfahren sei aber aus gutem Grund nicht öffentlich, daher werde man sich nicht weiter öffentlich dazu äußern, verwies Wess auf die Nichtöffentlichkeit gemäß Strafprozessordnung.

"Wir können bestätigen, dass heute eine Hausdurchsuchung in Räumlichkeiten der Signa Holding stattgefunden hat", hieß es vonseiten des Masseverwalters der Signa Holding, Christof Stapf. "Die Hausdurchsuchung wurde von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft angeordnet." Man habe gemeinsam mit dem Sachverständigen Deloitte bereits im Dezember die erforderlichen Datensicherungsmaßnahmen eingeleitet und arbeite eng mit den Behörden zusammen.

Geldtransaktionen für "frisches" Kapital

Die Polizei bestätigt die Einsätze bisher nicht und verweist auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Diese wollte auf APA-Anfrage den Einsatz mit Verweis auf laufende Ermittlungen nicht bestätigen. Im Fokus der Kriminalisten und der WKStA sollen Benko und Marcus Mühlberger, Geschäftsführer der Signa Holding und laut Medien enger Vertrauter des Signa-Gründers, stehen. Ihnen wird laut Verdachtslage schwerer Betrug vorgeworfen.

Ende März sollen sie durch eine Geldtransaktion anderen Gesellschaftern der Signa Holding den Eindruck vermittelt haben sollen, die Familie Benko Privatstiftung würde eine 35,35 Millionen Euro schwere Kapitalerhöhung durchführen. Das Geld soll laut News und Kronen Zeitung jedoch auf der einen Seite des Signa Reichs aufgenommen worden und auf der anderen Seite als angeblich "frisches" Kapital wieder eingezahlt worden sein. Andere Investoren wie der Schweizer Schokoladeunternehmer Ernst Tanner und der Schweizer Unternehmer Arthur Eugster überwiesen im Rahmen der Kapitalerhöhung tatsächlich die von ihnen zugesicherten Millionenbeträge.

Große Aufmerksamkeit legen die Ermittler laut Magazin und Zeitung auch auf eine Vermögensverschiebung im August 2023. Hier geht es um die Absage eines 400-Millionen-Investments aus Korea, das Benko sehr bedauert haben soll. Dazu soll es den Medien zufolge weitere dubiose Deals gegeben haben. Als Tauschgeschäft wanderten laut Krone und News sechs werthaltige Traumvillen am Gardasee in die INGBE-Stiftung aus Vaduz.

Hochpreisige Waffen

Am 9. März hat das Landesgericht Innsbruck über den Unternehmer Benko ein Konkursverfahren eröffnet. Die Ermittler hegen nun den Verdacht, "Benko habe an noch festzustellenden Orten im Zeitraum Jänner 2023 bis März 2024 einen Bestandteil seines Vermögens beiseitegeschafft (...)". Auffällig sei demnach, "dass trotz eines sehr hohen Einkommens des Beschuldigten in den letzten Jahren und Eingängen im Millionenbereich auf den vom Insolvenzverwalter vorläufig ausgewerteten Konten im Vermögensverzeichnis nur verhältnismäßig geringe Vermögenswerte aufscheinen", so die Medienberichte. Darüber hinaus seien in Benkos Waffenregister "teils hochpreisige Waffen ausgewiesen", die im Vermögensverzeichnis jedoch nicht angegeben seien.

Weiters soll den Ermittlern ins Auge gestochen sein, dass Benkos Ehefrau im Jänner 2023 einen "Zusatzunterhalt" über zwei Millionen Euro für ein Immobilieninvestment erhalten haben soll. Dazu kommen laut Ermittlern Barbehebungen "im Jahr 2023 über 600.000 Euro", so Krone und News.

Einfrieranordnung aufgehoben

Indes wurde bekannt, dass die Entscheidung eines Gerichts auf der britischen Kanalinsel Guernsey, das das dortige Vermögen von Benko Anfang Juni einfrieren ließ, inzwischen aufgehoben wurde. Das sagte Benkos Anwalt Wess dem Kurier. Bei der Entscheidung ging es um den Verkaufserlös einer Yacht, die der Laura-Privatstiftung gehörte – 25 Millionen Euro, auf die der Staatsfonds von Abu Dhabi, Mubadala, zugreifen wollte.

"Mittlerweile wurde diese Freezing Order auf Betreiben und Antrag von Mubadala und ihren Anwälten aufgehoben", so Wess gegenüber dem Kurier. Im Übrigen gebe es gar kein Vermögen, das eingefroren werden könnte. "Weder Herr Benko noch die Laura-Privatstiftung haben Vermögen auf Guernsey."

Mubadala hatte laut dem Bericht rund 713 Millionen Euro in die Signa investiert und hat nach der Pleite gegen Signa beziehungsweise Benko ein Schiedsverfahren angestrebt, bei dem 1,2 Milliarden Euro inklusive Zinsen zurückgefordert wurden. Von den Anwälten des abu-dhabischen Staatsfonds liegt demnach keine Stellungnahme vor.

Ermittlungen gegen Benko 

Die im November bekanntgewordene milliardenschwere Pleite des Signa-Imperiums beschäftigt die Justiz mittlerweile seit Monaten. Auch in Deutschland ermittelte die Staatsanwaltschaft München wegen Geldwäscheverdachts und möglicher Insolvenzdelikte. Die Münchner Strafverfolger stünden im Kontakt mit anderen deutschen Staatsanwaltschaften, hatten sie in der Vergangenheit erklärt. Die Vorgänge um Signa haben auch in Österreich die Ankläger auf den Plan gerufen. Auch hier laufen Ermittlungen.

Eine Außenansicht der von René Benko privat genutzten Villa in Innsbruck. Auch die Räumlichkeiten der Signa Holding wurden am Dienstagvormittag durchsucht.
APA/EXPA/JOHANN GRODER

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hatte im April ebenso wie Benko-Anwalt Wess bestätigt, dass auch gegen Benko persönlich ermittelt werde. Dabei geht es offenbar um einen Kredit einer österreichischen Bank über 25 Millionen Euro, bei dessen Verlängerung im vergangenen Sommer Benko die wirtschaftliche Lage der Signa verschleiert haben soll.

Pleite des Signa-Imperiums

Die WKStA bestätigte, dass gegen Benko, eine Signa-Gesellschaft und eine weitere Person ermittelt werde, "wegen Betrugs aufgrund mutmaßlichen Vortäuschens der Zahlungsfähigkeit bei der Verlängerung von Bankkrediten". Wess bestätigte zwar, dass es ein Verfahren gegen Benko gibt, äußerte sich aber nicht über den Inhalt. Er habe Akteneinsicht genommen, kenne die darin erhobenen Vorwürfe und weise diese als "vollkommen haltlos" zurück, hatte es geheißen.

Die im Einzelhandel und vor allem im Immobiliengeschäft tätige Signa hat die größte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte hingelegt. Ende April war auch über das Vermögen von Signa-Gründer Benko ein Konkursverfahren eröffnet worden. 30 Gläubiger machten rund zwei Milliarden Euro an Forderungen geltend. Nur 47,3 Millionen davon wurden vorerst anerkannt. (gra, red, APA, 25.6.2024)