Ein Gebäude der Hypo Vorarlberg, im Vordergrund eine Ampel
Eine falsch angewendete und fehlerhafte Datei trug der landeseigenen Hypo Vorarlberg Probleme mit der Finanz ein.
Imago/Chromorange

Ihr Signa-Engagement hat der Hypo Vorarlberg zuletzt viel Erklärungsbedarf eingetragen – abseits dessen hatte die Landesbank in den vergangenen Jahren aber auch viel mit den Finanzbehörden zu tun, wie sich nun aus Unterlagen aus dem Cofag-U-Ausschuss erschließt. Denn: Eine fehlerhafte Datei der Finanzabteilung des Instituts hat offenbar dazu geführt, dass es jahrelang zu wenig Steuern bezahlt hat. 2022 ist das alles aufgeflogen, nach 15 Jahren.

Aus den Dokumenten geht hervor, dass die Hypo Vorarlberg Ende 2022 Selbstanzeige beim Finanzamt erstattet hat. Der Grund: "Verfehlungen zu Abgabenverkürzungen von 2006 bis 2019", wie es in einem Schriftstück des Finanzamts für Großbetriebe heißt. Hypo-Mitarbeiter hätten "eine Excel-Tabelle für Steuererstattungen zweckentfremdet für die Steuererklärung herangezogen, die zudem Rechenfehler enthalten hat". Einen Vorsatz stellte das Amt für Betrugsbekämpfung laut den Unterlagen nicht fest.

Späte Selbstanzeige

Das Finanzamt hatte demnach Ende Oktober 2022 bei der Hypo Vorarlberg eine Außenprüfung angekündigt. Erst rund zwei Wochen später, am 9. November, erstattete die Bank Selbstanzeige bei der Finanz. Dass das eine mit dem anderen zu tun habe, wies die Bank gleich in der Selbstanzeige zurück: Die Angelegenheit sei schon "seit Frühjahr 2022 und somit bereits seit längerem in Bearbeitung" und erfolge "unabhängig von der (…) überraschend angekündigten Außenprüfung".

Bei dieser internen Prüfung habe sich ergeben, dass durch die Verwendung der Excel-Datei diverse Einzelpositionen in den Steuererklärungen für 2006 bis 2009 sowie 2012 bis 2019 "irrtümlich nicht richtig dargestellt wurden". Außerdem unterliefen den Bankern offenbar weitere Fehler, so seien etwa Ausgaben für Geschäftsessen in den Jahren 2012 bis 2017 irrtümlich steuerlich falsch verbucht worden.

Insgesamt berechnete die Bank die Bemessungsgrundlage für die Steuern so von Jahr zu Jahr um ein paar hunderttausend Euro bis zu ein paar Millionen Euro zu niedrig. Das wiederum führte dazu, dass zu wenig Steuern bezahlt wurden. Insgesamt musste die Bank gemäß eigener Angaben und auf Basis der Selbstanzeige rund 2,5 Millionen Euro für die Jahre 2006 bis 2019 nachzahlen. Das sei ein Prozent der Steuerleistung in diesem Zeitraum, wie eine Sprecherin auf Anfrage betont.

Vorstand zeigte auf Mitarbeiter

In der Selbstanzeige betont die Hypo, dass Mitarbeiter der Finanzabteilung die Excel-Datei eigenständig verwendet hätten. Es habe auch "keine entsprechende Freigabe durch den zuständigen Vorstand" gegeben, da dieser "von einer ordnungsgemäßen Erstellung angesichts der fachlichen Expertise der Rechnungswesenleitung ausgegangen" sei. Die Datei wurde bis 2019 verwendet, weil sie sich "in der Praxis bewährt hatte und sie in der Wirtschaftsprüfung oder verschiedenen Außenprüfungen inhaltlich ohne Beanstandungen geblieben war". Seit 2022 habe man nun ein neues Steuerkontrollsystem eingerichtet.

Dass die Hypo Steuern nachzahlen müssen werde, war offenbar klar, nicht aber deren Höhe. Finanzintern und zwischen Finanz und Hypo begann ein reger Austausch darüber, wie hoch die Steuerschuld sei und mit welcher Begründung der endgültige Steuerbescheid ausgestellt werden sollte.

"Entsetzliche" Begründung fiel weg

Ursprüngliche nahm die Finanz an, dass die Steuern vorsätzlich nicht bezahlt worden seien, aus internen Mails geht aber hervor, dass das Amt für Betrugsbekämpfung keinen Vorsatz festgestellt habe. Die entsprechende Passage aus dem Entwurf der Bescheidbegründung wurde deswegen gestrichen. Das dürfte auch sehr im Interesse des Bankvorstands gewesen sein. Denn Bankmitarbeiter haben die Finanzbeamten laut einer ihrer Mails wissen lassen, dass der Vorstand die ursprüngliche Begründung "entsetzlich" finde, "weil die Finanzmarktaufsicht das bedenklich finden könnte".

Diskutiert wurde zwischen den Beamten auch, ob man von der Hypo Vorarlberg zusätzlich zu den Steuernachzahlungen einen Erhöhungsbetrag von 30 Prozent verlangen könne. Zur Erklärung: Selbst bei vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Finanzvergehen kommen die Betroffenen straffrei davon, wenn sie Selbstanzeige erstatten. Tun sie das aber erst, wenn die Finanz eine Prüfung ankündigt, müssen sie einen Zuschlag bezahlen.

"Anpassungsbedarf"

Die Hypo Vorarlberg sah das für ihren Fall anders, wie sich aus Mails der Finanzbeamten erhellt. Demnach sei sie der Ansicht gewesen, dass kein Erhöhungsbetrag vorgeschrieben werden dürfe, "weil die Bank schon lange an der Aufarbeitung der Probleme dran war und sie die Ankündigung der Betriebsprüfung nur überrumpelt hat". Und weiter: "Wenn wir (die Finanzbeamten, Anm.) es nicht zurücknehmen, wollen sie eine Beschwerde dagegen einreichen." Die Bank betont auf Anfrage, dass die Steuerbehörde diese Meinung letztlich geteilt und den Bescheid angepasst habe.

Auslöser der Selbstanzeige sei ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gewesen, nach dem die Banker den Zeitraum 2006 bis 2019 intern noch einmal geprüft und "Anpassungsbedarf" festgestellt hätten. Das sei in Form der "Offenlegung" ans Finanzamt – also der Selbstanzeige – erfolgt. Diese Offenlegung sei akzeptiert worden, weitere Schritte durch die Finanz oder Erhöhungsbeträge habe es nicht gegeben. Allerdings ist die Betriebsprüfung auch noch nicht abgeschlossen. (Renate Graber, Jakob Pflügl, 20.6.2024)