Justizministerin Alma Zadić(Grüne) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) haben gute Chancen auf Spitzenposten in der EU.
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Am Mittwoch verkündete Justizministerin Alma Zadić via Instagram eine wunderbare Nachricht. Sie postete ein Foto mit vier Paar Schuhen: zwei in Erwachsenengröße, eines von einem Kind und eines in Babyformat. Sie freue sich, bekanntgeben zu können, dass sie im Dezember ihr zweites Kind zur Welt bringen werde. Bis dahin und auch danach werde sie – mit einer kurzen Auszeit für die Geburt – ihr Amt ausüben, wie schon beim ersten Kind.

Diese sehr private Information drang auch bis Brüssel durch, wo auch noch ganz andere Hinweise auf die Zukunft von Zadić verbreitet werden. Sie könnte – so es mit der ÖVP in der türkis-grünen Koalition zu einer Einigung auch beim EU-Kommissarsposten aus Österreich kommt – Höchstrichterin am Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg werden.

Nachfolge von Andreas Kumin

Aus ihrer Umgebung ist dazu zu hören, dass diese Idee nicht von ihr komme. Über ihr Büro ließ Zadić ausrichten, sie fühle sich "geehrt, für eine so renommierte Position genannt zu werden". Es seien dazu "keine Gespräche geführt worden", und sie sehe sich in der österreichischen Politik. Die Ministerin kandidiert jedenfalls bei den Nationalratswahlen auf Listenplatz eins der Grünen in Wien.

Im Oktober endet die Amtszeit von Andreas Kumin am Europäischen Gerichtshof (EuGH). Im August 2025 gilt das auch für Elisabeth Tichy-Fisslberger, die am sogenannten Gericht der Europäischen Union (EUG) tätig ist. Beides sind eigenständige Gerichte. Der EuGH ist etwa für Klagen der EU-Kommission zuständig oder für Vorabentscheidungen, das EUG (früher Gericht erster Instanz) für Klagen von natürlichen und juristischen Personen.

Zadić soll für den EuGH in der Nachfolge von Kumin infrage kommen, wurde dem STANDARD aus Regierungskreisen bestätigt. Aber die Zeit ist knapp. Bewerber müssen sich einem anspruchsvollen Hearing stellen. Eine Nominierung muss im Ministerrat einstimmig erfolgen, so wie bei den Kandidaten für den Österreich zustehenden Job eines EU-Kommissars oder einer EU-Kommissarin.

Entscheidung wohl Mitte Juli

Dazu gibt es schon seit Wochen ein heftiges internes Gerangel: Mehrere Personen haben sich dafür in Stellung gebracht. In der Poleposition sind Finanzminister Magnus Brunner und Verfassungs- und Europaministerin Karoline Edtstadler.

ÖVP und Grüne tun im Hintergrund alles, um sich die Filetstücke der europäischen Posten zu sichern. Denn Ende September findet die Nationalratswahl statt. Danach wird die türkis-grüne Regierung zwar übergangsweise noch im Amt bleiben. Aber die Koalitionäre wollen spätestens nach der Wahl der wahrscheinlichen nächsten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Mitte Juli im EU-Parlament bei den EU-Posten Nägel mit Köpfen machen. Insider meinen, dass es nicht zuletzt deshalb nach dem umstrittenen Alleingang von Umweltministerin Leonore Gewessler bei der EU-Renaturierungsverordnung nicht zu einem Bruch der Regierung gekommen sei.

Brunner mit guten Chancen

Was nun die Nachfolge von EU-Budgetkommissar Johannes Hahn betrifft, stellt sich die Lage so dar: Die besten Chancen soll Brunner haben. Er wird als Anwärter für eine prestigeträchtige Funktion im Finanz- und Wirtschaftsbereich der Kommission gehandelt. Er könnte möglicherweise die Irin Mairead McGuinness beerben. Sie verantwortet die Kompetenzen für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität sowie die Kapitalmarkt- und Bankenunion. Das Amt des Wirtschafts- und Währungskommissars, derzeit vom früheren italienischen Premier Paolo Gentiloni besetzt, wäre noch prestigeträchtiger.

Die Vergabe der Kompetenzen in der Kommission obliegt ganz der Präsidentin. Sie muss das mit den Regierungen der 27 Mitgliedsstaaten aushandeln und dann verteilen. Um die einflussreichsten Jobs gibt es naturgemäß viel Konkurrenz. Es wird also am Verhandlungsgeschick von Bundeskanzler Karl Nehammer liegen, sich mit von der Leyen diskret zu verständigen. Edtstadler, eine Richterin, käme für alle Dossiers im Bereich Justiz und Inneres infrage. Sie gilt als Generalistin. Österreicher bekamen seit dem EU-Beitritt wichtige Dossiers zugeteilt: Agrarpolitik für Franz Fischler (1995), Außenpolitik für Benita Ferrero-Waldner (2004) und schließlich Regionalpolitik, Erweiterung und Budget für Hahn (seit 2010).

Tirols Landeshauptmann Anton Mattle sagte am Mittwoch bei einem Besuch in Brüssel, er würde sich wünschen, dass Österreich ab Herbst den Verkehrskommissar stellen würde, nicht zuletzt wegen des Transitproblems. Darauf hingewiesen, dass Gewessler derzeit Verkehrsministerin sei und ob er sie gerne in der Kommission sehen würde, winkte er ab: Wegen des "Vertrauensbruchs" rund um die Renaturierungsverordnung komme die Grüne nicht infrage. (Thomas Mayer, 20.6.2024)