Marvin Wildhage als
Aufwendiger Streich: Erst im zweiten Anlauf war das Kostüm glaubwürdig genug –es kostete mehrere Tausend Euro.
YouTube/Marvin Wildhage

Wer hätte gedacht, dass das Maskottchen bei der Eröffnungsfeier der Fußball-Europameisterschaft gar nicht echt war? Tatsächlich steckte nämlich der deutsche Youtuber Marvin Wildhage in dem Kostüm, der für seine Streiche gegen Influencer bekannt geworden ist. Diesmal tarnte er sich als Maskottchen "Albärt", schlich sich so ins Stadion und tanzte vor dem Eröffnungsspiel nicht nur auf dem Spielfeld, sondern auf der Nase der Uefa-Verantwortlichen herum. Denn Wildhage zeigte damit auch, dass die Sicherheitsvorkehrungen nicht die allerbesten sein dürften.

Akribische Vorbereitungen

Dennoch muss man die Kirche im Dorf lassen. Oder in dem Fall wohl eher den Bären im Stadion. Denn was Wildhage mit dem Youtube-Video zu seinem Streich ausführlich dokumentiert, ist eine akribische Vorbereitung mit monatelanger Vorlaufzeit. Von einem "einfachen" Trick, den jeder nachmachen kann, kann keine Rede sein.

Undercover als Fake-Maskottchen beim EM-Eröffnungsspiel
Marvin

Wildhage hatte bereits ein halbes Jahr zuvor mit den Vorbereitungen begonnen, indem er zunächst ein kostengünstiges Kostüm aus China bestellte. Unzufrieden mit der Qualität, investierte er später in eine teurere und authentischer wirkende Version für mehrere Tausend Euro. Ergänzend dazu besorgte er sich Schlüsselbänder, die dem offiziellen Design des Events entsprachen, und fälschte Zutrittskarten. Vorlage dafür waren Bilder samt QR-Codes von echten Mitarbeiterausweisen, die stolz, aber unbedacht in sozialen Medien gepostet wurden.

Zu dem Event fuhr Wildhage in einem Kleinbus, der mit Sponsorenaufklebern und einer gefälschten Parkkarte so modifiziert war, dass er den offiziellen Fahrzeugen ähnelte. Trotz einiger Skepsis beim Sicherheitspersonal konnte er das Stadion betreten – ausgerechnet die Parkkarte rettete den Streich vor einem vorzeitigen Ende.

Marvin Wildhage als
Vollkommen unbemerkt konnte sich Wildhage als Fake-Maskottchen ins Stadion schleichen.
Youtube/Marvin Wildhage

Im Stadion angekommen, nahm er aktiv an der Eröffnungszeremonie teil, forderte den früheren Nationalspieler Mario Gomez zu einem Selfie auf und tanzte auf dem Spielfeld. Doch der Schwindel flog auf, als eine Uefa-Mitarbeiterin ihn aufforderte, in seine Garderobe zu gehen, und er daraufhin ziellos mit seinem Begleiter durch die Katakomben irrte.

Ein Streich mit Nachspiel

Dass der Streich überhaupt funktioniert hat – zumindest so lange, bis er Stunden später in den Stadionkatakomben aufgeflogen ist –, ist beachtlich und der Uefa zu Recht ein Dorn im Auge. Der europäische Fußballdachverband hat den Vorfall und die Echtheit von Wildhages Video bestätigt und Konsequenzen angekündigt. Die Tatsache, dass ein einzelner Youtuber es schaffte, sich nahezu unentdeckt unter Spieler und Zuschauer zu mischen, wirft im Nachhinein natürlich unangenehme Fragen über die Effektivität der angeblich so hohen Sicherheitsvorkehrungen auf.

Wie der Spiegel berichtet, bestätigte auch die Münchner Polizei den Vorfall und erklärte, dass gegen Wildhage wegen Hausfriedensbruchs, Urkundenfälschung und Erschleichung von Leistungen ermittelt wird. Zusätzlich wurden ihm Betretungsverbote für bestimmte Bereiche im Zusammenhang mit der EM erteilt.

Für Wildhage dürfte sich der Streich dennoch ausgezahlt haben: Trotz Warnungen der Uefa, dass eine Berichterstattung über den Vorfall ein rechtliches Nachspiel haben werde, stellte er das Video online und kann innerhalb kürzester Zeit mehr als 1,3 Millionen Aufrufe verbuchen. Für einen Youtube-Kanal mit 880.000 Abonnenten wohl eher Routine als Besonderheit. (bbr, 18.6.2024)