Eine Maß Bier steht auf einem Tisch
Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wirft der Brau Union Wettbewerbs- und Kartellrechtsverstöße vor. Nun hat sie den strittigen Fall vors Kartellgericht gebracht.
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Der Verdacht der österreichischen Wettbewerbshüter, das größte Bierunternehmen Österreichs, die Brau Union, betreibe Marktmissbrauch, wird nun zu einem Fall fürs Gericht. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat dem Kartellgericht am Freitag einen Geldbußenantrag übermittelt, wie sie Dienstagfrüh in einer Aussendung bekanntgab. Zudem sollen Verstöße gegen das Missbrauchs- und Kartellverbot abgestellt werden. Mit solchen Anträgen werden die Unterlagen zum jeweiligen Fall mitgeschickt.

Bekannt wurden die Untersuchungen der Wettbewerbshüter im Juni vor zwei Jahren, als die Öffentlichkeit erfuhr, dass es im April davor zu Hausdurchsuchungen bei den Brauern gekommen war. Die BWB und das Unternehmen, das seit 2003 dem zweitgrößten Brauereikonzern der Welt, Heineken aus Amsterdam, gehört, bestätigten das damals. Das Unternehmen hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

Anlass für die Hausdurchsuchung waren Whistleblower-Meldungen gewesen, wonach die Brau Union Druck auf regionale Getränkelieferanten gemacht habe, abseits von Bier auch Wein, Alkoholfreies und Spirituosen ausschließlich von ihr zu beziehen. Hätten die Händler, die Umsatzeinbußen befürchtet haben, abgelehnt, hätte der Brauereikonzern angekündigt, auch das Bier selbst auszuliefern.

"Zum Teil dauern Verstöße noch an"

Die Behörde wirft der Brau Union nun nach einem mehr als zwei Jahre dauernden Verfahren, in dem das Unternehmen ebenso befragt wurde wie Zeugen und Auskünfte von den Marktteilnehmern eingeholt wurden, mannigfache Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht und sogenannten Behinderungsmissbrauch vor, durch den Dritte im Wettbewerb beschränkt oder wesentlich beeinträchtigt würden.

Konkret geht es etwa um den Vorwurf wettbewerbsbeschränkender Alleinbezugsverpflichtung, Markenzwang (nur Marken von Brau Union dürften vertrieben werden), sogenannte Kopplungsbindungen (verschiedene Produkte müssen quasi im Paket abgenommen werden), die Aufteilung von Markt- und Kundengruppen (dieses Verhalten wurde laut Aussendung teilweise bereits eingestellt) oder Exklusivvereinbarungen sowie der Austausch wettbewerbssensibler Daten. "Zum Teil" dauern die Verstöße in den Augen der BWB noch an, zum Teil seien sie also bereits abgestellt. Im Verfahren habe sich der Verdacht erhärtet, schreibt die BWB in ihrer Aussendung von Dienstagfrüh.

Verdrängung kleiner Konkurrenten

Bereits aus dem Tätigkeitsbericht der mittlerweile von Natalie Harsdorf geleiteten Behörde fürs Jahr 2022 ging hervor, dass der Verdacht bestehe, dass "durch ein marktmissbräuchliches und kartellrechtswidriges Verhalten Markteintritte erschwert und kleinere Brauereien in ihren Expansionschancen beschränkt sowie unabhängige Getränkegroßhändler vom Markt verdrängt werden". Für die Konsumenten und Konsumentinnen sei demnach zu befürchten, dass es "zu geringerer Produktvielfalt am Getränkemarkt sowie zu höheren Preisen" kommen könnte.

Nun ist also das Kartellgericht beim Oberlandesgericht Wien am Zug, das in seinem Verfahren über den Antrag auf Verhängung einer Geldbuße zu entscheiden hat. Angesichts des komplexen Sachverhalts ist ein längeres Verfahren zu erwarten. Geldbußen können bis zu zehn Prozent des Gesamtumsatzes des betroffenen Konzerns betragen (es gilt immer das Jahr vor der Verhängung der Buße). Im Jahr 2012 haben die oberösterreichischen Brauer bereits eine Geldbuße ausgefasst, damals bekamen sie 750.000 Euro aufgebrummt.

Geldbuße auch gegen Heineken?

Nach der Hausdurchsuchung 2022 hatte eine Sprecherin der Brau Union von "schwerwiegenden" Vorwürfen gesprochen, die man aber "gelassen" nehme, zudem hatte sie betont, dass das Unternehmen mit der BWB kooperiere. Schon früher hatte es Kritik an der Marktmacht des Brauunternehmens gegeben, die kam vor allem von konkurrierenden unabhängigen Brauereien aus Österreich und "kleinen" Bierbrauern.

Entstanden ist die Brau Union 1998 durch die Fusion von Österreichischer Brau AG und Steirerbrau, mittlerweile gehören 15 Biermarken dazu, etwa Gösser, Zipfer, Wieselburger, Kaiser, Reininghaus oder Puntigamer. 2022 setzte sie rund 850 Millionen Euro um, ihr Anteil am Bierausstoß in Österreich beträgt rund 50 Prozent. Laut Homepage der Oberösterreicher mit niederländischer Mutter wurden zuletzt mehr als fünf Millionen Hektoliter Bier in einem Jahr abgesetzt, das Unternehmen hat rund 2700 Beschäftigte und rund 49.000 Kunden.

Der Antrag auf eine "angemessene Geldbuße" umfasst auch die Brau-Union-Mutter Heineken, der zwar keine eigene Beteiligung an den Verstößen vorgeworfen wird, wie in der Aussendung ausdrücklich betont wird, die aber mithaftet. Die Richtschnur für die Geldbuße ist daher der Konzernumsatz von Heineken – und der betrug zuletzt 36,4 Milliarden Euro.

Brau Union sieht "grundlegendes Missverständnis"

Das Unternehmen reagierte am Dienstagabend per Aussendung an die APA. Man sprach von einem "grundlegenden Missverständnis", die Brau Union habe sich im Verfahren stets "in höchstem Maße kooperativ gezeigt" und umfangreich schriftlich Stellung gegenüber der Behörde bezogen. Man sei überrascht, "dass uns noch andauernde Verletzungen vorgeworfen werden, da wir – trotz mehrfacher Anfragen – von der BWB keine konkreten Hinweise für unmittelbar notwendige Maßnahmen erhalten haben". Das Unternehmen schrieb weiters, dass es weiterhin "vollumfänglich und transparent" mit allen involvierten Behörden kooperieren wolle. (Renate Graber, 18.6.2024)