Innenminister Gerhard Karner (ÖVP)
Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) beschert Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an österreichischen Botschaften mehr Arbeit: Sie sollen künftig DNA-Proben im Rahmen von Familienzusammenführungen abnehmen.
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Die Verschärfung bei Familienzusammenführungen von Flüchtlingen kommt früher als erwartet. Schon ab kommender Woche soll ein Erlass des Innenministeriums in Kraft treten, der eine massive Ausweitung von DNA-Tests zum Nachweis von Familienangehörigen vorsieht. Außerdem wird ein Reisepass allein nicht mehr ausreichen, um eine für ein Visum notwendige Identität nachzuweisen. Die Dokumentenprüfer an den Botschaften sollen künftig alle Unterlagen, die für eine Familienzusammenführung notwendig sind, genauer unter die Lupe nehmen. Dazu zählen insbesondere Heiratsurkunden und Geburtsurkunden. Das kündigten am Freitag Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und der Direktor des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Gernot Maier, an.

In den vergangenen Monaten hätten sich vor allem in der Türkei und in Syrien Fälle gehäuft, in denen mit gekauften Urkunden falsche Familienverhältnisse vorgespiegelt worden seien. Asylwerber oder anerkannte Flüchtlinge hätten beispielsweise nicht ihre eigenen Kinder, sondern ihre Nichten und Neffen nach Österreich geholt. Was aber laut Gesetz nicht erlaubt ist. Nur Angehörige der Kernfamilie, wie es BFA-Chef Maier ausdrückt, dürfen nachkommen – also Ehepartner beziehungsweise die leiblichen Eltern von Kindern und natürlich die eigenen Kinder.

Video: Asyl - Verschärfungen bei Familiennachzug ab kommender Woche
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Betroffene müssen Beweise vorlegen

Auch mit Heiratsurkunden, die zwar echt seien, aber von anderen Personen stammen, gebe es einen schwunghaften Handel. Innenminister Karner nennt die neuen Regelungen "Planquadrat" gegen illegale Migration. Bestehe Zweifel an vorgelegten Dokumenten, werde ein Antrag abgelehnt. Bei Familienzusammenführungen müssen Betroffene grundsätzlich alle Beweise vorlegen. Bei Asylanträgen hingegen geht es in erster Linie um die Glaubhaftmachung von Fluchtgründen, auf der Flucht gehen ja oft Dokumente verloren.

Die DNA-Proben sollen künftig direkt in den österreichischen Vertretungen im Ausland von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Botschaft abgenommen werden. Dafür wird es in den kommenden Wochen Schulungen geben. Maier ist der Meinung, dass dafür nicht zusätzliches Personal an den Botschaften notwendig sei. Die neuen Aufgaben seien mit dem Außenministerium akkordiert.

Die bisherige Praxis, dass etwa Vertrauensärzte der Antragsteller in deren Herkunftsländern eine DNA-Probe abnehmen und diese dann der Botschaft vorlegen, soll abgestellt werden. Schon bisher wurde in zweifelhaften Fällen mit DNA-Tests gearbeitet, aber nur in rund einem Prozent aller Familienzusammenführungen. Karner will den Anteil von DNA-Tests auf "mindestens 50 Prozent" erhöhen. Die Kosten von rund 250 Euro pro Test müssten Betroffene zunächst selbst tragen, so Maier. Ist alles in Ordnung, wird das Geld später in Österreich (auf Antrag) zurückerstattet.

Die meisten Anträge aus Syrien

Im ersten Quartal 2024 wurden in Österreich laut Statistik des BFA 4169 Anträge auf Familienzuzug gestellt, die weitaus größte Anzahl davon (3925) von Menschen aus Syrien. Dahinter kamen 66 Anträge von somalischen Staatsbürgerinnen, 61 von staatenlosen Personen und 36 aus Afghanistan. In insgesamt 267 Fällen von Jänner bis März erstellte das BFA eine negative Prognose, eine Familienzusammenführung wurde also abgelehnt.

Karner plant darüber hinaus weitere Verschärfungen bei Familienzusammenführungen: Das Mindestalter von nachkommenden Ehepartnern solle mittelfristig von 18 auf 21 Jahre erhöht werden. In Schweden etwa gelte diese Regelung bereits. Außerdem will Karner auf EU-Ebene erreichen, dass Betroffene ab der Ankunft wirtschaftlich unabhängig sein müssen, also für Unterkunft, Beschäftigung und Krankenversicherung gesorgt ist.

Kritik von Grünen, SPÖ und FPÖ

Erste politische Reaktionen kamen am Freitag von SPÖ und FPÖ: Diese "Symptombekämpfung" möge zwar geeignet sein, "dass man ein paar Identitätsschwindler aussortiert", meinte der freiheitliche Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer. Dennoch würden aufgrund der hohen Zahl an "Asylanten", die schon im Land seien, weitere Tausende Angehörige nachkommen. SPÖ-Integrationssprecher Christian Oxonitsch warf Karner vor, "Nebelgranaten zu zünden, anstatt die tatsächlichen Schwierigkeiten beim Familiennachzug anzupacken". Die geplanten Verschärfungen gingen komplett am tatsächlichen Problem vorbei. Während das Innenministerium nämlich genau wisse, wie viele Familienzusammenführungen anstünden, gebe es keinerlei Informationen an die Bundesländer weiter.

Die Grünen hatten die ÖVP-Pläne bereits kritisiert, als sich Bundeskanzler Karl Nehammer vor einigen Tagen für eine Ausweitung der DNA-Tests ausgesprochen hatte. Hilfreicher wäre es, dort anzusetzen, wo es durch Familienzusammenführungen punktuell zu "Überforderung" komme, etwa indem man Lehrerinnen und Lehrer direkt unterstütze. Karner betont allerdings, dass er für einen Erlass seines Ministeriums nicht die Zustimmung des Koalitionspartners brauche.

Karner für Abschiebungen nach Syrien

Unabhängig von Familienzusammenführungen fordert der Innenminister, dass wieder Abschiebungen nach Syrien möglich sein sollen. Bei einer internationalen Konferenz in Zypern im Mai sollen sogenannte sichere Zonen in Syrien festgelegt werden. Als Indiz dafür, dass die Asylpolitik der ÖVP funktioniere, wertet Karner den starken Rückgang bei illegalen Grenzübertritten. Von Jänner bis April seien im Burgenland nur 238 Migranten ohne gültige Papiere aufgegriffen worden, vor zwei Jahren waren es im gleichen Zeitraum 8587 Aufgriffe. (Michael Simoner, 10.5.2024)