Wenn mehr als die Hälfte der Welt glaubt, in die Carbonara gehört unbedingt Schlagobers – hat diese Mehrheit dann recht? Nein, auch die vielen ohne Geschmack können irren. Ist aber letztlich nicht wichtig. Es schaut nämlich ganz danach aus, als fehlt den meisten hungrigen Mäulern geschmacklich etwas bei der römischen Originalrezeptur, bestehend aus dem ungeräucherten, luftgetrockneten Speck Guanciale, Ei, Pfeffer und dem Hartkäse Pecorino. Eben das cremige Weiße. Also wird das Nudelgericht mit dem ungerechtfertigt aufgesetzten Sahnehäubchen selbst dann unaufhaltsam seinen Siegeszug antreten, wenn nur noch ein paar Traditionalisten mit hochrotem Kopf schreiend dagegenhalten: "Aber das ist doch nie und nimmer Carbonara, was ihr da in euch reinschaufelt!"

Instantnudeln von Buldak
Der Carbonara-Ramen von Buldak ist ein Social-Media-Star, der es in unsere Küchen und Herzen geschafft hat.
Monika Köstinger

Wie egal es den meisten Menschen ist, nicht einmal annähernd das zu essen, was auf der Packung steht, wird beim "Carbonara-Ramen" einmal mehr offensichtlich. Die Instantnudeln, die fast genauso wenig mit der japanischen Nudelsuppe zu tun haben wie mit der italienischen Pasta, sind unter anderem wegen ihrer feurigen Schärfe so beliebt und in vielen Geschäften ausverkauft. Doch was genau macht noch einmal die originale wie die geklonte Carbonara (die letztlich die Weltherrschaft an sich reißen wird) so vordergründig scharf? Ist es eher das Ei oder das Obers? Egal, recht bekommt auch hier, was schmeckt!

Im Büro aufgerissen

Viel bemerkenswerter an dem südkoreanischen Produkt von Buldak ist, dass es seit vielen Monaten auf Tiktok ein gefeierter Fastfood-Star ist. Von Seoul bis Sinabelkirchen schwärmen die jungen Leut', sie hätten noch nie bessere Carbonara gegessen. Liegt das daran, dass sie noch nie zuvor in ihrem Leben irgendeine Carbonara gegessen haben, oder daran, dass Buldak das einzige Unternehmen weltweit mit der Chuzpe ist, einen Nudelblock mit zwei Aroma-Sackerln im Übersackerl als Carbonara zu bezeichnen?

Tatsächlich gibt es von keinem anderem Hersteller von Asia-Instantnudeln ein vergleichbares Produkt mit dieser gewagten Etikettierung. Und vermutlich gab es noch nie zuvor in der Geschichte der trockenen Industrienudeln ein Produkt, das auf Social Media so sehr für seine Cremigkeit gelobt wurde. Man muss es einfach selbst probiert haben. Haben wir. Und das Sackerl im Büro aufgerissen. Der erste Fehler.

Die Anleitung für die Zubereitung versteckt sich auf der kaugummipinken Packung leider geschickt hinter einem Falz. Egal, denkt man zuerst. Instantnudeln werden doch immer eh nur mit einer beinahe beliebigen Menge Flüssigkeit aus dem Wasserkocher übergossen, mit dem Inhalt der kleinen Sackerln veredelt und nach drei Minuten Ziehzeit konsumiert. Wobei die Regel gilt: Mit viel Wasser schmecken die Nudeln weniger salzig, mit wenig Wasser schmecken sie nur noch scharf. Beim Carbonara-Ramen gibt es allerdings sehr wohl eine Kochanleitung, die zu befolgen sinnvoll ist.

Ein raffinierter Serviervorschlag mit echtem Ei.

Zunächst werden die dünnen Nudeln in 600 Milliliter Wasser gekocht. Fünf Minuten lang, damit sie auch bestimmt nicht mehr al dente sind. Danach sollte man wenige Esslöffel Nudelwasser bei den Nudeln belassen. Da hat Buldak zur Abwechslung einmal auf die Italiener gehört, die das auch so handhaben. Danach wird die Gatschkugel mit dem Käsepulver und der scharfen Paste vermengt, fertig.

Blöd nur, dass in den meisten Büroküchen bloß eine Mikrowelle oder ein Wasserkocher steht. Deshalb wird dort ja so häufig zu schnöden Instantnudeln gegriffen. Der Carbonara-Ramen erfordert hingegen "richtiges" Kochen, vulgo Garmachen in einem Topf, wobei man sich die Frage stellt, warum man bei so wenig Zeitersparnis nicht gleich richtig kocht. Also Spaghetti Carbonara. Aber natürlich, jetzt haben wir es auch verstanden. Weil die nie und nimmer so schön cremig werden wie auf Tiktok! (Sascha Aumüller, 9.5.2024)