Seit zwei Jahren sorgt der Finanzskandal der steirischen FPÖ immer wieder für Schlagzeilen. Alexis Pascuttini, ehemaliger FPÖ-Politiker, der gemeinsam mit wenigen Kollegen öffentlich die Aufklärung der millionenschweren Spesenaffäre forderte und aus der FPÖ ausgeschlossen wurde, hatte am Dienstag seinen Auftritt im Parlament. Er wurde im Untersuchungsausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" unter Wahrheitspflicht zu dem komplexen blauen Skandal befragt.

Alexis Pascuttini am Dienstag im Schrödinger-Saal im Parlament bei seiner Befragung.
Alexis Pascuttini am Dienstag im Schrödinger-Saal des Parlaments bei seiner Befragung.
APA/HELMUT FOHRINGER

Pascuttini war am Dienstagnachmittag die erste Auskunftsperson, denn FPÖ-Chef Herbert Kickl hatte sich wegen einer Bergwanderung entschuldigt. Ebenso sagte der Geschäftsführer der Ideenschmiede, jener Werbeagentur, an der Kickl einst beteiligt war, kurzfristig ab – er sei erkrankt.

Verzögerungen

Noch bevor Pascuttini von den Abgeordneten befragt werden konnte, sorgte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker dafür, dass die Befragung nur deutlich verzögert beginnen konnte. Einerseits wollte Hafenecker, dass Pascuttinis Vertrauensperson, der Anwalt Andreas Kleinbichler, ausgeschlossen werde, weil dieser auch den ÖVP-nahen Seniorenbund beraten habe. Diesem Antrag wurde nicht stattgegeben.

Dann wollte Hafenecker, dass Pascuttini sein Handy abgegeben soll, weil dieser in der Vergangenheit erzählt habe, Personen aufzunehmen.

Schließlich konnte die Befragung unter Wahrheitspflicht beginnen. Pascuttini begann in hohem Sprechtempo mit dem Aufriss des komplexen Falls und seiner vielen Verfahrensstränge. Zunächst mit seinen Wahrnehmungen aus der Zeit, als er nach dem Rücktritt von Stadtparteichef Mario Eustacchio kurzzeitig Grazer FPÖ-Klubchef wurde.

Der heute 27-jährige Jurist sei zu der Conclusio gekommen, dass es stimme: "Die FPÖ ist anders als andere, aber wie anders." Nach der Selbstanzeige des ehemaligen Klubfinanzreferenten Matthias Eder, der 2021 angab, alleine 700.000 Euro veruntreut zu haben, soll Pascuttini bald an der "Einzeltätertheorie" gezweifelt haben. Wie DER STANDARD berichtete, gibt es nun tatsächlich Zweifel an dieser Theorie.

Crystal-Meth-Affäre

Immer wieder wurde die Befragung von Hafenecker unterbrochen, weil er den Bezug zum Untersuchungsgegenstand nicht gegeben sah. Spätestens als der Neos-Abgeordnete Yannick Shetty die bisher von der Staatsanwaltschaft untersuchten Delikte aufzählte – neben Finanzdelikten wie Untreue, Veruntreuung und Betrug auch der mutmaßliche Hausbau mit Parteigeldern, eine Crystal-Meth-Affäre im Dunstkreis der FPÖ und ein mittlerweile eingestelltes Verfahren um NS-Wiederbetätigung –, protestierte Hafenecker heftig.

Die Befragung musste durch eine Stehung der Fraktionen unterbrochen werden. Danach kam man zu dem Schluss, dass ein Zeuge unzulässige Fragen, die also nicht in der Bundesvollziehung sind, zwar nicht beantworten müsse, man ihm dies aber auch nicht verbieten könne.

Pascuttini zählte auch auf, warum es seiner Meinung nach eine Verschleppung der Verfahren gebe. Er habe deshalb einen umfangreichen Brief an Justizministerin Alma Zadić (Grüne) geschickt. Viele Beweisanträge, die er und sein neu gegründeter Klub KFG (Korruptionsfreier Gemeinderatsklub) gestellt hatten, seien ignoriert worden, viele Zeugen, die er, der als Opfer Privatbeteiligter im Verfahren ist, nicht geladen worden. Auch solche, die nachweislich mit Konten der Partei und ihren Zahlungsströmen bis 2021 befasst waren.

Einschüchterungen

Zudem gab Pascuttini an, dass man versucht habe, ihn "schlichtweg einzuschüchtern".

Hafenecker wollte von Pascuttini auch wissen, ob ihm Vorteile zugesagt wurden. Darauf antwortete Pascuttini: "Nein." Hafenecker fand es verdächtig, dass Pascuttinis Klub zwei Anwälte beschäftigt, von denen einer auch für die ÖVP, ein anderer für die SPÖ Mandate übernommen hatte.

Ein Verfahren aus dem erwähnten Verfahrenskosmos, jenes gegen den Freiheitlichen Akademikerverband und dessen Geschäftsführer, den ehemaligen FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl, wurde mittlerweile eingestellt, wie DER STANDARD am Dienstag erfuhr.

"Rechte Hand, Mastermind"

Reinhard Teufel, einst Kabinettschef von Innenminister Herbert Kickl, war dann – bis spätabends – weniger auskunftsfreudig. Der Satz "Ich habe dazu keine Wahrnehmung" fiel sehr oft. "Rechte Hand und Mastermind" des Innenministers nannte der SPÖ-Abgeordnete Maximilian Köllner ihn, doch dieser will in wenig eingebunden worden sein.

Andreas Hanger (ÖVP) präsentierte Chats zum rechtsextremen Wochenblick, die ihn zu dem Schluss kommen ließen: "Das ist ein Musterbeispiel für gekaufte Berichterstattung." Was Teufel als "unterstellend" wertete.

Meri Disoski von den Grünen wollte wissen, warum ein Mann, der für ein Medium schrieb, vor dem die damalige Extremismus-Leiterin im BVT warnte, weil es u. a. "äußerst fremdenfeindlich, antisemitisch" sei, Kommunikationschef im Kabinett Kickls werden konnte. Der Mann sei sicherheitsüberprüft geworden, so Teufel. Zu welchen Akten der Mann Zugang hatte, will Teufel nicht gewusst haben.

Auch auf mehrere Chats zwischen Teufel und dem damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache um Postenbesetzungen, hatte Teufel meist "keine Wahrnehmungen". (Colette M. Schmidt, 7.5.2024)