"Kinderfilm" von Total Refusal thematisiert das Fehlen der Kinder im Autospiel "Grand Theft Auto V".
Viennale

Das traditionelle Grätzlkino Breitenseer Lichtspiele, das seit Anfang des letzten Jahrhunderts in Wien-Penzing seine Pforten geöffnet hat, hat keine Scheu vor zeitgenössischen Filmformen. Das zeigt sich in den häufigen Sonderveranstaltungen, die das Kino beheimatet. Von Mittwoch bis Sonntag macht es sich mit der ersten Ausgabe des a+f+v-Festivals wieder so ein neues Format auf den hölzernen Sitzen des Kinos bequem: Die Buchstaben stehen für art+film+vienna, wohinter sich ein Festival für "Experimente im Bewegtbild" verbirgt, das die Schnittstelle von Kunst und Film auf die Leinwand bringt.

Aktueller Experimentalfilm

Zu sehen sind kurze Filme von Filmschaffenden und Kollektiven, etwa den Gewinnern des Europäischen Filmpreises 2023, Total Refusal. Die Österreicher haben sich auf die virtuellen Welten von Computerspielen eingeschossen. Die Ergebnisse sind hochpolitische Kurzfilme, die sich spielerisch und analytisch im Rahmen des hyperkommerziellen Computerspielsektors mit dem Erbe des Marxismus – im Sinne einer umfassenden Gesellschafts- und Kapitalismuskritik – auseinandersetzen.

Total Refusals neuester Wurf Kinderfilm, der Eröffnungsfilm des Festivals am Mittwoch, thematisiert auf ungewohnt poetische Art das Fehlen von Kindern im Autoraser-Spiel Grand Theft Auto V und stellt damit die Frage: Wer beherrscht den städtischen Raum?

Geschnürt in sechs Kurzfilmprogramme, kann man sich so an vier Abenden bis Sonntag einen Überblick über aktuelle Experimentalfilme aus aller Welt verschaffen. Die thematischen Schwerpunkte der einzelnen Programme widmen sich etwa Perspektivwechseln, Mutter-Tochter-Beziehungen, Rollenbildern und Stereotypen, digitalen Avataren, surrealen Sinnsuchen und kolonialen Relikten in der kollektiven Wahrnehmung. (Valerie Dirk, 7.5.2024)