HK Gruber dirigiert, Selina Ott spielt sein Trompetenkonzert.
HK Gruber dirigiert, Selina Ott vertieft sich in die Partitur.
Andrea Humer

Das Ensemble die Reihe, deren künstlerischer Leiter er einst war, gibt es nicht mehr. Immerhin aber existiert das ORF-RSO-Wien noch immer, bei dem HK Gruber einst als Kontrabassist aktiv war. Insofern passend, dass sein 81. Geburtstag etwas verspätet – Gruber feierte ihn am 3. Jänner –, aber tatsächlich doch und in dieser besonderen Konstellation begangen wurde.

Die symphonische Großbesetzung ergibt charmanten Sinn. Schon Tammany Hall, der erste Satz aus Manhattan Broadcasts zeigt, wie raffiniert Gruber einzelne Klanggruppen in den Dienst farbereicher Komplexität und linearer Ideennetze zu verstricken versteht. Das war, von Gruber selbst dirigiert, auch ein Beispiel für den sogenannten Third Stream, jenen Stil, der die Verbindung von Jazz und Klassik angestrebt hat. Als er dies schrieb, war Gruber in seinen frühen 20ern, bereits aber ganz im undogmatischen Element.

Wachauer Lieder

Selbige Offenheit leuchtet auch aus der Orchestersuite – destilliert aus Grubers Oper Geschichten aus dem Wiener Wald – hervor. Die Short Stories from the Vienna Wood transformieren – nach dem aufgeregt-dramatischen Akkordbeginn – Sehnsüchte in subtil-selige Melodik (Song from the Wachau), wobei auch der Violine/Cello-Dialog in Bengal Fire im kantablen Stil gehalten wird. Gruber schafft es allerdings, auch die Brüchigkeit von Idylle raffiniert darzustellen. Im kontrastreichen Wechselspiel zwischen Klavier und Orchester werden gar szenische Assoziationen lebendig.

Harmonisch mit noch mehr Reibungen versehen das Trompetenkonzert mit Seliana Ott: Starke Ausdrucks- und Farbwechsel zwischen Notturno-haftem Beginn und virtuosen orchestralen Entladungen, in denen die wunderbare Solistin bisweilen leider gänzlich unterging, zeugen von gestalterischem Raffinement, das in einer Schlusspointe mündet. Ott spielt den letzten Ton in den Klavierkörper hinein. (Ljubiša Tošić, 23.4.2024)