Lenz Moser, Wein, China
Die Provinz Ningxia ist vom Wüstenklima geprägt. Das sorgt bei den Weinbeeren für ein distinktives Aroma.
Chateau Changyu Moser XV

Lenz Maria Moser ist Weinbauer. Als Österreicher an und für sich nichts Außergewöhnliches. Moser aber ist Weinbauer in China. Seit 19 Jahren ist der aus der berühmten niederösterreichischen Winzerfamilie stammende Weinbauer bereits im Reich der Mitte tätig. Dort produziert er Cabernet Sauvignon. Aber nicht irgendeinen. Wenn es nach seinen chinesischen Partnern und Auftraggebern geht, soll hier bald der beste Wein der Welt entstehen.

Eine Mammutaufgabe. Aber wenn es jemand schaffe, dann er, sei er doch, so die Chinesen, ein "wine maker from Austria". Die Vitikultur wurde Moser in die Wiege gelegt: Sein Großvater Lenz Moser aus Rohrendorf bei Krems war eine Koryphäe des Weinanbaus. In den 80ern trat er in dessen Fußstapfen. Später heuerte er beim kalifornischen Weinriesen Mondavi an und baute das Europa-Geschäft auf. Mitte der 2000er-Jahre machte sich Moser dann selbstständig: "Ich war nie der geborene Angestellte." In dieser Zeit führte sein Weg auch nach China. Er schaute sich auf Rat eines Freundes die verschiedensten Weingüter an. "Ich war einfach neugierig."

Das erste und letzte Weingut war Changyu. Für Moser Liebe auf den ersten Blick. Changyu ist Chinas älteste und größte Weinkellerei. Bereits 1892 gegründet, versammelt das Weinunternehmen heute mehrere Winzereien unter sich, eine davon ist Lenz Mosers. Zunächst als Weinimporteur zuständig, ist Moser seit 2015 auch als Produzent im Joint Venture tätig. Das Jahr bezeichnet er als "game changer".

Lenz Moser, Wein
Lenz Maria Moser ist seit den 80er-Jahren im Weinbau tätig. Seit 2015 arbeitet er auch in China beim Weingut Changyu.
Chateau Changyu Moser XV

"Ich habe damals gesagt, ich mache Wein nur, wenn ich mit einem weißen Blatt Papier beginnen kann." Das heißt, von der Traube bis zum Endverbraucher in Europa liegt die komplette Verantwortung bei Moser. Unter dem Namen Château Changyu Moser XV baut er in der Region Ningxia seinen Wein an. 500.000 Flaschen werden hier produziert, Hauptsorte des 250 Hektar großen Anbaugebiets ist der Cabernet Sauvignon.

Schmecken soll’s

Mosers Wein hält sich an den europäischen Weinkodex, "da fährt die Eisenbahn drüber". Es folgte eine Umstellung des Geschmacks. Trockener wurde der Wein, viel weniger süß als das, was sonst in China getrunken wird. "Der Wein ist nun trinkbar", sagt der Winzer salopp.

Die Vorgabe, den besten Wein der Welt zu kreieren, nimmt der Weinspezialist sehr ernst. Er ist auf der Suche nach dem urtypischen chinesischen Cabernet Sauvignon. In zehn Jahren will Moser mit seinem Wein so weit sein, dass man ihn erkennt, sobald man die Nase ins Glas steckt – so wie beim Bordeaux oder chilenischem Cabernet, der vom Aroma her "penetrant hineinsticht mit Johannisbeere". Es bringe aber nichts, gewisse Aromen zu akzentuieren, wenn der Wein nicht schmecke, betont Moser. Der Geschmack habe oberste Priorität. Seinen Cabernet machten Aromen von schwarzer Johannisbeere, Schokolade und feiner Würze aus.

Sein Grundprodukt hat das Potenzial zum Alleinstellungsmerkmal, ist sich Moser sicher. Er baut jene Cabernet-Rebsorte mit den kleinsten Weintrauben an. Sie besitze das perfekte Verhältnis von Schale und Saft, wodurch sie besonders distinktive Eigenaromen erzeuge. Die kleinen Beeren sind außerdem witterungsbeständiger, was im Wüstenklima der Ningxia-Region nur von Vorteil ist. Sie liegt südlich der Mongolei und der Wüste Gobi. Trotzdem: Lese man hier die Trauben zwei Tage zu spät, habe man Rosinen auf den Reben, sagt Moser. Auf 1100 Metern liegt das Anbaugebiet, satte 3000 Sonnenstunden im Jahr gibt es hier für die Wein­beeren zum Reifen.

Anderes China

Moser importiert einen kleinen Anteil seiner Weinflaschen nach Europa, der Rest geht nach China selbst. Was Moser gelernt hat: "Die Chinesen mögen keine Säure im Wein." Getrunken wird Wein im Reich der Mitte hauptsächlich in den Städten, der Vergleich zum landesweiten Konsum in Österreich ist aber gering. Laut Moser trinkt jeder Chinese, jede Chinesin eine Dreiviertelflasche Wein im Jahr. "Das ist keine Weinkultur", sagt er. Mit knapp 85.000 Hektar Rebfläche liegt China auf Platz drei der weinbautreibenden Ländern weltweit.

Mehrere Monate im Jahr verbringt Moser vor Ort. Die Leitkultur – "bescheuerter Begriff" – sei in China ganz anders als in Europa. Wenn die Chinesen sagen, sie wollen an die Weltspitze des Weins, dann machen sie das, sagt Moser, der bereits seit zwei Dekaden in China arbeitet. Das zeigt sich vor allem finanziell: 70 Millionen Euro hat das Weingut Changyu allein in den Ausbau des Chateaus von Lenz Moser investiert. Summen, von denen man in Österreich nur träumen kann.

"Mit unserem Wein müssen wir uns heute nicht mehr verstecken", sagt Moser. Sollten wir in Österreich also Angst vor dem chinesischen Wein haben? "Nein. Vergiss es. Wir sind der Exot unter den Exoten." So gering sei der Anteil seines Weins am heimischen Markt. Sein Produkt stehe für "Discovery", also ein Sortiment, das von der Zielgruppe im Geschäft entdeckt werden möchte. Und bei Weiß­weinen komme eh niemand an den österreichischen Wein heran, wie er sagt.

Moser erwähnt das, weil er in Zukunft in China auch Weißwein anbauen will. Durch die Covid-Pandemie kam es hier zu Rückschlägen. "Das Geschäft war zwei Jahre hin." Die Nachfrage nahm ab, Investitionen wurden in dieser Zeit zurückgefahren, das Ziel Weinweltspitze nach hinten verschoben. In ganz China ging die Weinproduktion zurück. Seitdem werkelt Moser auch an anderen Projekten. Gemeinsam mit dem Winzer Markus Huber hat er eine Neuinterpretation des Grünen Veltliners auf den Markt gebracht. China aber bleibt Mosers größtes Projekt. Es ist ja noch einiges zu tun, bis er den besten Wein der Welt gekeltert hat. (RONDO, Kevin Recher, 21.4.2024)