Wien – Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Firmengründer René Benko im Zusammenhang mit der Signa-Pleite rücken die Betroffenheit heimischer Banken wieder in den Fokus. Es ist die steirische Grawe-Tochter Privatbank Schelhammer Capital, die Anzeige erstattet hat, weil sie sich über die finanzielle Situation der Signa-Gruppe getäuscht fühlt, wie am Dienstag zunächst DER STANDARD meldete und später die "ZiB 2" unter Namensnennung der Bank. Offen ist, ob noch andere Finanzinstitute wegen möglicher Kreditausfälle nachziehen.

Wie berichtet, geht es bei der Anzeige und den Ermittlungen um die Verlängerung eines Kredits in der Höhe von 25 Millionen Euro für eine Signa-Prime-Tochter im Juni 2023, anlässlich der Benko die wirtschaftliche Lage der Signa verschleiert haben soll, wie der Vorwurf lautet. Angezeigt hat die Causa Anwalt Johannes Zink, der mehrere Geschädigte vertritt und mehrere Anzeigen eingebracht hat, wie er sagt. Die genannte Kreditlinie, die Benko um mehrere Jahre verlängert haben wollte, sei dann um drei Monate, bis Ende September 2023, verlängert worden. Die WKStA geht nun dem Verdacht nach, dass zu einem Zeitpunkt, als die Signa-Gruppe bereits insolvent war, noch Geld bei Banken und Investoren ausgeborgt wurde. Benkos Anwalt Norbert Wess wies die erhobenen Vorwürfe als "vollkommen haltlos" zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Aufsicht prüfte Signa-Engagement

Schelhammer Capital hat, wie alle anderen Banken, im Vorjahr Besuch von der Bankenaufsicht bekommen. So wie die EZB das bei den von ihr beaufsichtigten Instituten tat, hat auch die Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA bei den von ihr beaufsichtigten Banken zunächst Kredite für Gewerbeimmobilien und dann jene an die Signa unter die Lupe genommen. Damals dürfte auch Benko an die Bank herangetreten sein, um den genannten Kredit zu verlängern; konkret soll es um ein Wertpapierlombard-Geschäft gegangen sein. Er soll, wie berichtet, einen vorläufigen Jahresabschluss vorgelegt haben, die Zahlen sollen dann aber viel schlechter ausgefallen sein. Die Kreditlinie sei dann eben nur für drei Monate verlängert worden, weil die Bank die Prüfungsergebnisse der Aufsicht habe abwarten wollen.

Das entsprechende Gespräch mit der FMA folgte dann Ende September 2023, dabei bemängelten die Prüfer, dass es beim Signa-Exposure "Mängel im Frühwarnsystem" gebe und die "Analyse der Rückzahlungsfähigkeit nicht tiefgehend genug" sei. Aus internen Mails der Aufsicht, die dem STANDARD vorliegen, geht wie berichtet auch hervor, dass die Aufseher gemäß ihrer Mails den Eindruck hatten, die Bank fühle sich mit dem Kunden Benko bzw. Signa wohl und hätte sich gesorgt, ihn vor den Kopf zu stoßen.

Zweifel an der Besicherung

Ein Sprecher der FMA bestätigte am Mittwoch, dass es im Zusammenhang mit den Signa-Krediten im Vorjahr flächendeckende Erhebungen gegeben habe und dabei Auffälligkeiten hinterfragt wurden, etwa hinsichtlich der Besicherung der Kredite. Zu einzelnen Finanzinstituten gab es allerdings keine Auskunft. Wie DER STANDARD berichtet hat, war der 25-Millionen-Kredit mit Aktien der Gesellschaft besichert, die den Kredit bekommen und dann nicht mehr bezahlt hat, zudem hatte die Bank sich dafür eine Put-Option gegen die Familie Benko Privatstiftung einräumen lassen. Die Stiftung ist inzwischen insolvent. Dass Banken sich als Besicherung von Krediten Anteile an den Gesellschaften einräumen lassen, die den Kredit aufnehmen, wird bei Aufsehern allerdings regelmäßig kritisiert; schließlich werden Anteile an Gesellschaften, wenn sie ihre Verbindlichkeiten nicht bedienen, weniger wert. Als gute Besicherung gelten ins Grundbuch eingetragene Pfandrechte, also Hypotheken. Schelhammer Capital hat die 25 Millionen Euro 2023 zur Gänze abgeschrieben.

Zuletzt haben in der Causa Signa Kredite von der Hypo Vorarlberg hohe Wellen geschlagen. Aus internen Dokumenten an die FMA ging hervor, dass die zu knapp 77 Prozent im Landeseigentum stehende Hypo mit hohen Ausfällen von 131,2 Millionen Euro rechnet, gleichzeitig legten die Dokumente nahe, dass zum Teil fragwürdige Kredite vergeben wurden. Die Landesbank betonte wiederholt, dass man Kredite "nur zu marktüblichen Konditionen und mit entsprechender Besicherung" vergeben habe. Mit der Causa hat sich im laufenden U-Ausschuss vor allem die Fraktionschefin der Grünen, Nina Tomaselli, beschäftigt. Sie sagte am Mittwoch zum STANDARD, dass man bei der Causa Benko feststellen müsse, "dass Bankenkredite mit unzureichender Besicherung und schleißiger Risikoanalyse auch keinen Schutz vor Hütchenspielern bieten". Es brauche auch im Gewerbeimmobilienbereich Richtlinien für die Kreditvergabe.

Rene Benko mit Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Abu Dhabi, März 2019
René Benko mit Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Abu Dhabi, März 2019.
APA/HELMUT FOHRINGER

Fest steht: Etliche heimische Banken sitzen auf offenen Signa-Krediten – insgesamt auf rund 2,2 Milliarden Euro. Allerdings dürfte der Großteil – rund zwei Drittel – hypothekarisch besichert sein, wie aus Finanzkreisen zu hören ist. Die Raiffeisenlandesbank (RLB) Oberösterreich hat keine Sachverhaltsdarstellung bei der WKStA eingebracht und das auch nicht geplant, wie ein Sprecher am Mittwoch zur APA sagte. Man fühle sich nicht getäuscht, und die Kredite (es dürfte um rund 150 Millionen Euro gehen) seien alle grundbücherlich besichert, daher sehe man die Sache bisher "relativ entspannt". Der Raiffeisen Bank International (RBI) schuldet Signa wie berichtet rund 750 Millionen Euro, der Bank Austria rund 600 Millionen und der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien rund 280 Millionen Euro. (gra, APA, 17.4.2024)