Zumindest in Peking war der Empfang des deutschen Bundeskanzlers standesgemäß: Dort wurden er und die Wirtschaftsdelegation im renommierten Staatsgästehaus Diaoyutai untergebracht – einem 1959 errichteten Hotelkomplex für den Empfang fremder Staatsgäste. Auch Zeit nahm sich das chinesische Staatsoberhaupt reichlich: Mehr als drei Stunden sprach Xi mit Olaf Scholz. Auf diversen Social-Media-Plattformen nämlich hatte die Nachricht für viel Häme gesorgt, dass in Chongqing nur der stellvertretende Bürgermeister am Flughafen gewesen sein soll.

Scholz war am Wochenende mit einer kleinen Delegation von Wirtschaftsvertretern nach China gereist. Auf dem Programm standen die Megametropole Chongqing im Südwesten des Landes sowie Schanghai und Peking. Die wichtigsten Themen seines Besuchs: die drohende Schwemme an Exporten aus China, die bald die EU fluten wird, und der Krieg in der Ukraine.

Scholz und Xi vor Flaggen.
Scholz (li.) und Xi in Peking.
IMAGO/Xie Huanchi

Rein fachlich gibt es an den Worten des chinesischen Präsidenten Xi Jinping nichts auszusetzen: "Chinas Exporte von Elektrofahrzeugen, Lithiumbatterien und Photovoltaikanlagen haben nicht nur das globale Angebot bereichert und die Inflation entschärft, sondern auch einen großen Beitrag im Kampf gegen die globale Erwärmung geliefert." So hatten die chinesischen Staatsmedien Xi am Dienstag zitiert – als Antwort auf die Vorwürfe seitens der EU hinsichtlich Dumpingpreisen.

Dominant bei E-Autos

Günstige Produkte aus Fernost haben zwischen 2008 und 2020 die Inflation im Westen im Zaum gehalten und Preissteigerungen durch immer weiter steigende Geldmengen absorbiert. Das war willkommen, solange China nicht die europäischen Kernindustrien bedrohte. Genau das aber ist seit 2020 geschehen. Während in der EU ein Verbrennerverbot erlassen wurde, sicherte sich Peking so ziemlich alle Wertschöpfungsketten für Elektroautos – von den Rohstoffen in Afrika und Lateinamerika über die Batterieherstellung bis zu den Autos selbst.

Dass China die eigenen Unternehmen, vor allem die staatlichen, bei Ausschreibungen und Kreditvergaben bevorzugt, ist nichts Neues. Rund zwei Drittel der deutschen Unternehmen in China berichten von unfairen Wettbewerbsbedingungen. Der staatlichen Zeitung "Global Times" waren die deutsch-chinesischen Beziehungen zwar einen Aufmacher wert – der Tenor aber lautete: Man müsse nun eben trotz der veränderten ökonomischen Lage kooperieren. Friss oder stirb!

Schlüsselrolle Pekings

Dasselbe gilt für das zweite große Thema des Besuchs von Scholz: den Krieg in der Ukraine. China ist offiziell weder Kriegspartei noch Verbündeter Russlands. Die guten Beziehungen zwischen beiden Staaten sind allerdings kein Geheimnis.

Wie komplex die Situation ist, zeigen die Bemühungen um eine Friedenskonferenz: Zunächst hieß es von chinesischer Seite, man unterstütze eine Schweizer Initiative, wenn diese sowohl von Russland als auch von der Ukraine akzeptiert werde. Der russische Präsident Wladimir Putin aber wurde zu dieser nicht eingeladen. Später hieß es seitens Pekings, man werde sich darüber noch abstimmen.

Scholz schrieb am Dienstag auf der Plattform X: "Chinas Wort hat Gewicht in Russland. Ich habe Präsident Xi daher gebeten, auf Russland einzuwirken, damit Putin seinen irrsinnigen Feldzug endlich abbricht." Die Frage ist nur, wie viel Gewicht Scholz' Wort in China hat. Das Statement scheint angesichts des Frontverlaufs und der chinesischen Position etwas vermessen: Ein Friedensplan, den China im März 2023 vorgestellt hatte, wurde damals von den USA und der Nato verlacht und abgewiesen. (Philipp Mattheis, 17.4.2024)