Die Kultur der tausenden Pflanzen im Botanischen Garten gelingt nur dank der vorhandenen gärtnerischen Expertise. Ohne sie wären viele Forschungsprojekte nicht durchführbar. Das Wissen um die richtige Kultur ganz unterschiedlicher Arten kann ihn vielen Fällen nicht angelesen werden. Es braucht vor allem Erfahrung und Hingabe.

Im privaten Bereich sind die Pflanzen auf den grünen Daumen ihre Besitzer:innen angewiesen. Erschwert wird die Pflege hier durch eingeschränkte Mittel – nicht jede:r hat Platz für ein Glashaus. Was man tun kann und was man beachten sollte, wird hier anhand einiger Fragen aus der STANDARD-Community diskutiert.

Eine seltene Orchidee aus Madagaskar
Anspruchsvolle Orchideen wie diese Angraecum longicalcar sind zu Hause leider kaum zu kultivieren.
Rudolf Hromniak

Die Klassiker

Antwort: So allgemein diese Frage auch gehalten ist, trifft sie für viele Orchideenbesitzer:innen den Kern der Sache. Die Pflänzchen wollen einfach nicht überleben! Grundsätzlich gilt: Man muss probieren und dabei immer wieder Fehler machen. Gerade aus Kulturfehlern lernt man viel und gelangt so (hoffentlich) im Laufe der Zeit zu immer besseren Erfolgen. Der eine oder andere Fauxpas lässt sich aber vermeiden.

Licht: Ein häufiger Anfängerfehler ist zu wenig Licht. Oft stehen die Pflanzen im "hintersten" Eck des Zimmers, wo sie einfach nicht hingehören.

Wasser: Ein weiterer Klassiker ist, es wird zu viel gegossen … oder zu wenig. Beides verursacht das gleiche Schadbild! Die Pflanzen werden runzelig und schlaff. Im ersten Fall, weil sie wirklich zu wenig Wasser bekommen haben. Im zweiten Fall verfaulen die Wurzeln durch zu viel Wasser. Dann kann die Pflanze auch kein Wasser mehr aufnehmen.

Erde: Ausschlaggebend für das Gelingen der Kultur ist auch das Substrat. Oft werden die beliebten Phalaenopsis-Orchideen in Torf gezogen, der sich nicht für die Kultur daheim eignet. Baumbewohnende Orchideen (mit Luftwurzeln) sollten in einem mehr oder minder groben Rindensubstrat getopft werden. Auch eine Mischung aus Tongranulat und Rinde ist geeignet.

Orchidee auf Rinde
Baumbewohnende Orchideen werden im Botanischen Garten auf Rindenstücke gebunden und aufgehängt.
Ruodlf Hromniak

Der Spezialfall

Antwort: In manchen Fällen wird es schwierig. Wie im Forum bereits angemerkt wurde, ist der Ziehharmonikawuchs auf zu trockene Luft zurückzuführen. Leider hilft regelmäßiges Besprühen des Triebes auch nicht. Dadurch fault er eher ab.
Die sogenannten "Cambria"-Orchideen sind Hybriden aus der Verwandtschaftsgruppe Odontoglossum. Die Odontoglossen sind im Bereich zwischen 1.200 und 2.500 Meter Seehöhe verbreitet und brauchen von Natur aus eine kühle und luftfeuchte Umgebung, wie man sie in Wohnungen (zum Glück) nur selten vorfindet. Aus diesem Grund sind Cambrias für die Kultur zu Hause nur bedingt geeignet.

Kühlhaus
Das kühl-feuchte Klima in diesem Glashaus ist ideal für Orchideen aus Bergregenwäldern.
Rudolf Hromniak

Untote im Pflanzenreich

Antwort: Viele Phalaenopsis-Hybriden sind wirklich schon fast unkaputtbar – solange man sie regelmäßig gießt. Sie mögen keine niedrigen Temperaturen, ansonsten sind sie im nicht immer pflanzenfreundlichen Wohnungsklima sogar zäher als die früher so beliebten Usambaraveilchen. Wenn man die Pflanzen nicht nur dahinvegetieren lässt, sondern auch pflegt, danken sie es einem sogar mit bunten Blüten.

Phalaenopsis
Manche Ziersorten sind "unkaputtbar".
Rudolf Hromniak

Winter is coming

Antwort: Frostfeste Orchideen gibt es unter den Erdorchideen, nicht aber unter den baumbewohnenden Arten. Mittlerweile findet man ein vielfältiges Sortiment im Handel (besonders im Frühling), zum Beispiel aus den Gattungen Cypripedium (Frauenschuh) und Dactylorhiza (Fingerknabenkraut). Auch Bletilla striata (Japan-Orchidee) geht gut im Garten. Als Anfänger:in sollte man sich an Hybriden und Auslesen halten, die sich schon seit langem in Gartenkultur bewährt haben. Frauenschuh und Japan-Orchidee fühlen sich im Halbschatten unter Bäumen wohl, das Fingerknabenkraut mag volle Sonne und wächst gut am nassen Teichrand. In Gegenden, wo es sehr kalt wird, sollte man sie im Winter mit Laub abdecken.

Heimische Orchideen

Antwort: Bei heimischen Orchideen ist vor allem eines zu beachten: Pflanzen von Wildstandorten dürfen nicht ausgegraben werden! Sie sind in unterschiedlichen Graden gefährdet und gesetzlich geschützt. Außerdem würden sie die Umsiedelung nicht überleben.

Es gibt ohnehin ausreichend Pflanzen aus gärtnerischer Vermehrung. Das Angebot umfasst viele Arten sowie eine unüberschaubare Fülle an Kreuzungen und Sorten. Während die Wildarten eine Herausforderung auch für erfahrenere Gärtner sind, wurden die Gartensorten bereits auf eine Eignung für Gartenverhältnisse selektiert. Damit ist die Chance auf einen Kulturerfolg um ein Vielfaches höher. Außerdem wurde bei der Züchtung der Gartensorten auf besonders schöne und farbintensive Blüten mit längerer Haltbarkeit geachtet.

Orchideen im Botanischen Garten

Im öffentlich zugänglichen Tropenhaus des Botanischen Gartens und in den Vitrinen davor werden abwechselnd verschiedene Orchideen gezeigt. Wer sich für Orchideen interessiert, kann im April während der Raritätenbörse auch einen Blick in die ansonsten geschlossenen Orchideenhäuser werfen und sich mit den anwesenden Gärtner:innen austauschen. Mehrere Anbieter:innen verkaufen auf der Raritätenbörse außerdem Orchideen für Garten und Wohnzimmer. (David Prehsler, Manfred Speckmaier, 17.4.2024)