Humane AI Pin
Wirklich dezent ist der Pin nicht, aber zumindest halten soll er an Kleidung sehr gut.
Humane

Die Idee klingt verlockend. Ein Ki-gestützter Pin am T-Shirt oder der Jacke, der auf Knopfdruck und passendes Sprachkommando des Besitzers E-Mails versendet, Musik spielt, dank der eingebauten Kamera Nahrungsmittel erklärt oder einfach nach Wetter oder anderen Banalitäten befragt werden kann. Im Vorjahr wurde dieses Versprechen von einem KI-Gadget namens Humane AI Pin gemacht, der dieser Tage in den USA erscheint.

Die ersten Tester durften schon ein paar Wochen mit dem Pin herumspielen, die Fazits fallen allerdings durchwachsen aus. So wird dem Gerät vorgeworfen, nicht alle gemachten Versprechen einhalten zu können. Dass die Idee eine spannende ist und der AI Pin durchaus Potenzial hat, den regelmäßigen Blick auf das Smartphone abschwächen zu können, wird allerdings auch von den meisten bestätigt.

Augenkontakt mit der echten Welt

Via Magnet wird der Humane AI Pin an einem Kleidungsstück angebracht. Während der Akku auf der Innenseite hängt, ist der Pin nach außen gerichtet. Die Größe und das Gewicht erinnern beispielsweise an ein Lade- und Aufbewahrungs-Case der Airpods oder anderer In-Ear-Kopfhörer. Das "zieht das Shirt schon etwas nach unten", erklärt der "The Verge"-Redakteur David Pierce. Die Bedienung sei allerdings einfach. Einfach kurz auf den Pin drücken und via Sprachbefehl formulieren, was man gerne von der KI möchte. Freunde anrufen oder Textnachrichten verschicken funktioniert ebenfalls gut, allerdings nicht von der eigenen Telefonnummer. Der Humane AI Pin wird mit einer eigenen Nummer versehen. Zwar kann man die Kontakte via Google, Apple oder Microsoft Services importieren, das Gegenüber muss trotzdem informiert werden, dass man sich mit einer anderen Nummer als gewohnt meldet.

Das Versprechen, mit dem neuen Gadget die Nach-Smartphone-Ära einzuläuten, wird laut ersten Eindrücken eher nicht erfüllt, ein anderes jedoch sehr wohl: wieder mehr Augenkontakt mit der echten Welt und weniger mit einem kleinen Bildschirm. "Manchmal möchte ich nur schnell die Zeit wissen oder meiner Frau eine Textnachricht schicken, und am Ende werde ich aufgrund von ungewünschten Benachrichtigungen dann doch wieder in Tiktok, meine Mails oder Ähnliches hineingezogen", erklärt Pierce. Hier punkte der AI Pin, da man immer nur eine Anfrage an die KI stellen würde, deshalb den Blick aber nie von seiner eigenen Umgebung abwenden müsse.

Auf die Frage, ob man sich das Gerät zum jetzigen Zeitpunkt kaufen solle, verneint der Journalist klar. Es sei eine "interessante Idee", die allerdings noch so unfertig und in manchen Dingen "komplett kaputt" sei, dass es unmöglich den Kaufpreis von rund 700 US-Dollar und ein monatliches Abo von 24 Dollar rechtfertige.

Humane AI Pin
Das Menü, das man sich auf die Hand projizieren kann, soll nicht allzu gut funktionieren.
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Humane AI Pin
Das Gerät wird mit einem Ladegerät geliefert. Die Akkulaufzeit liegt je nach Intensität der Verwendung zwischen vier und acht Stunden.
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Beweis für ein spannendes Konzept

Auch der Kollege von "Wired" ist grundsätzlich angetan von dem neuen KI-Gadget. Zwar würden Antworten schon ein paar Sekunden auf sich warten lassen, aber in den meisten Fällen seien sie korrekt gewesen. Auch die Möglichkeit, mit zwei Fingern auf dem Touchpad etwas "zu sagen", was vom AI Pin dann in die gewünschte Sprache übersetzt ausgesprochen wird, funktionierte "ganz gut". Auch die Möglichkeit, mit einem Fingertippen Fotos oder 15-sekündige Videos aufzunehmen, funktioniere intuitiv. Via Bluetooth sei zudem ohne Probleme ein Paar Kopfhörer zu verbinden.

Fotos und grundsätzlich alles, was man mit dem AI Pin macht, kann im Webportal mit dem Namen "Humane Center" angesehen werden. Neben Medien kann hier auch die Liste an Fragen eingesehen werden, die man der KI bereits gestellt hat. Die Laserprojektion des Geräts, beispielsweise auf die eigene Hand, funktioniert nicht wirklich als Navigation durch die verfügbaren Menüs oder zum Eingeben des Anmelde-PIN-Codes. Es sei "zu sensibel" bei der Eingabe und generell zu langsam. Bei direktem Sonnenlicht sei zudem die Anzeige kaum zu erkennen.

This is the Humane Ai Pin
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"Ich mag den schnellen Zugriff auf einen Assistenten, aber es gibt hier nichts, was ich lieber als auf meinem eigenen Smartphone machen möchte", schließt der "Wired"-Journalist seine Besprechung zum AI Pin. Er sei trotzdem sehr aufgeregt, wohin diese Technologie führen kann, aktuell sei sie einfach noch in einer "sehr frühen Phase". Das bestätigt auch Pierce in seinem Fazit. Der AI Pin solle vor allem schneller werden und verlässlicher. Es fehle noch an funktionierenden Anwendungen und einem breiteren Wissen. Auch der Preis sei noch zu hoch.

"Es ist ein Betatest, ein Prototyp, ein Beweis für das Konzept, dass es vielleicht eines Tages ein Killergerät geben könnte, das all diese Dinge kann. Ich weiß mit absoluter Sicherheit, dass der AI Pin nicht dieses Gerät ist. Es ist eine aufregende Idee, aber ein ärgerliches Produkt." (aam, 12.4.2024)