Wien – Kontinuität kann man der SPÖ zumindest in wirtschaftspolitischen Fragen nicht absprechen. Wie bei seiner Vorgängerin Pamela Rendi-Wagner ist die Staatsholding Öbag auch SPÖ-Obmann Andreas Babler das zentrale Vehikel für den Umbau zu einer klimafitten Wirtschaft. Auch die Größenordnungen sind gleich geblieben: Die Öbag soll neben der Beteiligungsverwaltung der Staatsanteile an OMV, Post, Telekom Austria und Verbund einen auf 20 Milliarden Euro taxierten sogenannten Transformationsfonds angedockt bekommen. Mittelfristig solle die Österreichische Beteiligungsholding AG zu einer "aktiven staatlichen Beteiligungs- und Energiewendeholding" ausgebaut werden, die darüber hinaus auch innovative Start-ups mit Kapital versorgen soll.

SPÖ-Chef Andreas Babler an einem Rednerpult
SPÖ-Chef Andreas Babler will, dass die Verstaatlichtenholding Öbag eine tragende Rolle bei der Energiewende spielt.
APA/ERWIN SCHERIAU

Einzig bei den Geldzuflüssen gibt es Unterschiede: Über die jährlichen Dividenden hinaus, die im Schnitt der vergangenen Jahre jährlich zwischen 800 Millionen und 1,5 Milliarden Euro in die Staatskasse spülten, nannte Babler kaum konkrete Quellen, aus denen die künftige Energiewende-Holding gespeist werden sollte. Die im November 2022 genannte Übergewinnsteuer ist es jedenfalls nicht mehr. So hohe Energiepreise werde es hoffentlich so bald nicht mehr geben, sagte Babler, daher gebe es auch keine Notwendigkeit, Zufallsgewinne abzuschöpfen. Das sei aber kein Beinbruch, sagte der Sprecher des "SPÖ-Expert:innenrats", Marc Hall, vor zwei Jahrzehnten im OMV-Vorstand, sinngemäß. Denn die 20 Milliarden Euro müssten der Öbag ja nicht von Beginn an in vollem Umfang zur Verfügung stehen. Die Mehrheit der Investitionen in erneuerbare Energien, Stromleitungen, thermische Sanierung etc. müsse ohnehin von der Privatwirtschaft kommen.

Auch in der "ZiB 2" am Donnerstag gibt Babler zur genauen Finanzierung des Fonds keine klaren Auskünfte. Warum nicht die bereits existierende Initiative des Klimaministeriums zur Dekarbonisierung der Industrie, die knapp 3 Milliarden Euro umfasst, aufgestockt wird begründet Babler damit, dass der Transformationsfonds in eine zielgerichtete Strategie eingebettet sei.

Nach welchen Kriterien der Staat investieren soll, ist ebenfalls nicht so klar. Zuerst brauche es eine Industriestrategie. "Der Staat muss seine Rolle als Gestalter, der an morgen und übermorgen denkt, wahrnehmen." Allein das gebe Unternehmen Sicherheit für die notwendigen Milliardeninvestitionen. Österreich habe – im Gegensatz zu Deutschland und Frankreich – keine Industriestrategie. Damit laufe man Gefahr, dass aktuell die Dekarbonisierung von Betrieben gefördert werde, deren Produkte in zehn Jahren kaum mehr abgesetzt werden können, beispielsweise Einspritzpumpen oder Auspuffe.

Öbag soll sich an Start-ups beteiligen

Deshalb brauche es aus Sicht der SPÖ zuerst eine Evaluierung, in welche Richtung sich einzelne Wirtschaftssektoren entwickeln sollten. In Deutschland und in Europa werde in großem Stil in Batterieerzeugung investiert, in Österreich geschehe diesbezüglich wenig bis nichts. Fraunhofer Austria habe in einer umfassenden Studie für die Fahrzeugindustrie längst auf die Gefahr hingewiesen, dass Österreichs Autozulieferindustrie auf den kommenden Strukturwandel nicht ausreichend vorbereitet sei. Bedingung für die Auszahlung von Förderungen müssten eine größtmögliche CO2-Absenkung und die Wirtschaftlichkeit sein, betonte Energieexperte Hall.

Wie sehr ein Transformationsfonds insbesondere der Autozulieferindustrie helfen könnte, darüber gehen die Expertenmeinungen allerdings auseinander. Denn es bestehen überall auf der Welt weiterhin Absatzmöglichkeiten für Einspritzpumpen oder Auspuffe. Autos mit Verbrennungsmotoren sollen ab 2035 einzig in Europa nicht mehr neu zugelassen werden. Am wichtigsten, das ist der Sukkus der Fraunhofer-Studie, sind Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten. Dafür braucht es freilich nicht unbedingt einen staatlichen Transformationsfonds. Allein die EU-Förderungen aus dem Titel "Green Deal" bieten mannigfaltige Möglichkeiten.

Interessant klingt der Zugang der Sozialdemokraten zur Förderung von Start-ups. So als gäbe es die staatliche Förderbank Austria Wirtschaftsservice nicht, sollte sich die Öbag nach Vorstellung der SPÖ künftig auch an innovativen Start-ups beteiligen. Da sie ihre Anteile weiterverkaufen könne, wäre das investierte Steuergeld im Fall von Misserfolgen nicht verloren, sondern würde Rückflüsse generieren, die in neue Projekte fließen könnten. Weg im Sinne von verloren ist das Geld allerdings nicht, wenn ein international expandierendes Unternehmen entsteht, das in Österreich Steuern und Abgaben abführt. (Luise Ungerboeck, 11.4.2024)