Ein Rüssel, der Konduktor heißt (unten), senkt sich auf die Ladeplatte und stellt eine physische Verbindung her (links). Versuche gibt es bereits mit Taxis in Graz und Wien.
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Im ersten Moment denkt man, hier handle es sich um induktives Laden. Und schon schaltet man seine Aufmerksamkeit weg vom Thema. Denn induktives Laden wird seit vielen Jahren entwickelt, erprobt und in Pilotversuchen ausgiebig getestet. Was beim Zahnbürstl und beim Handy längst problemlos funktioniert, will beim Auto aber einfach nichts werden: das berührungslose induktive Laden.

Energie durch die Luft zu schicken, davon hat schon Herr Tesla geträumt, der wollte sie gleich von einem Kontinent zum anderen beamen. Doch es funktioniert selbst auf kürzesten Strecken nicht so richtig, unter anderem geht relativ viel Energie verloren. Sobald kein direkter mechanischer Kontakt zwischen Sender und Empfänger besteht, wird es also sehr schwierig und teuer.

Die mittlerweile berühmteste Gewaltfantasie zum Thema ist die Katze, die unters Auto schlüpft und gleich gegrillt wird, wenn sie ins Induktionsfeld der Ladeeinrichtung gerät. Es gibt also erhebliche Hindernisse, sodass induktives Laden nun eher nicht über Nacht zur Selbstverständlichkeit wird.

Zurück an den Start

Weil das also nicht zu funktionieren scheint, zurück an den Start: Worum geht es beim Laden eines Elektroautos zuerst einmal? Darum, dass es in erster Linie lästig ist, auszusteigen und ein fettes Kabel anzustecken oder überhaupt mit schmutzigen Kabeln zu hantieren. Das lässt sich auch ohne induktive Ladestation verhindern, nämlich mit einer sogenannten konduktiven Ladestation.

Die meisten denken dann an einen Laderoboter, der das schwere Ladekabel herbeizerrt und in die Steckdose am Auto schiebt. Es geht aber auch einfacher, nämlich mit einer Platte am Boden so groß wie ein Kanaldeckel, auf die man direkt einen Rüssel aufsetzt, der vorn am Fahrzeugboden positioniert ist, auch Connector genannt.

Für das Erreichen genügend physischen Kontakts sorgt eine Matrix aus277 Kontakten.
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Genauso wie bei vielen Beispielen von induktiven Ladestationen fährt das Auto also über eine Kontaktplatte. Eine Matrix (deshalb auch Matrix-Charging) aus 277 Kontakten sorgt dafür, dass der Rüssel, der sich von oben nähert, auf genügend passende Kontakte trifft. Dann kann der Strom von Kontakt zu Kontakt direkt physisch übertragen werden. Das minimiert die Verluste, weil dabei kein Magnetfeld die Umgebung kontaminiert, was auch gesünder ist.

Ein Start-up in Graz namens Easelink hat nun also das sogenannte Matrix-Charging als Marke eingetragen und entwickelt. Während andere vom induktiven Laden träumen, womöglich auch noch bei 100 km/h während der Fahrt, hat man also hier eine Idee im wahren Sinn des Wortes auf den Boden gebracht. Eine Kooperation mit dem Wallboxhersteller Keba in Linz gibt's auch schon.

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Eines der Probleme für Elektro-Taxis: Sie müssen immer wieder eine Wagenlänge vorrücken. Das Problem wäre damit mehr oder weniger beseitigt.
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Vor allem aber versucht man, Erfahrungen zu sammeln und ins Geschäft mit Taxiunternehmen zu kommen. Denn das Laden auf Taxistandplätzen ist nicht so einfach zu realisieren. Selbst wenn alle fünf Meter eine Ladesäule stünde, weil ein Taxi ja immer wieder eine Wagenlänge vorrücken muss.

Dafür erscheint Matrix-Charging ideal. So laufen derzeit auch schon Versuche mit Energieversorgern und Taxiunternehmen in Wien und Graz mit VW- und Hyundai-Taxis. Wien will ja schon ab 2025 die Erteilung einer Taxikonzession an die Anschaffung von Elektrotaxis binden. Wenn das realisiert werden soll, benötigt man auch taxistandtaugliche Ladestationen.

Aspekt der Barrierefreiheit

Auch der ÖAMTC betreibt in seiner Zentrale Erdberg eine Matrix-Ladestation für E-Autos seiner Flotte. Dort betont man unter anderem den Aspekt der Barrierefreiheit. Bewegungseingeschränkte können bei einer Benzintankstelle immerhin die Kassafrau oder den Kassamann herausläuten, ein Elektroauto öffentlich zu laden ist hingegen mit Rollstuhl nahezu unmöglich.

Die Gefahr, dass induktives Laden plötzlich doch funktionieren und Matrix-Charging schnell wieder alt aussehen könnte, ist insofern gering, als das Laden über physische Kontakte relativ preisgünstig zu realisieren ist. Der Kundschaft, die über eine Ladeplatte fährt, ist es wahrscheinlich egal, welche Technik darunter steckt, Hauptsache, sie lädt und ist bezahlbar. Jetzt fehlt nur noch, dass die Autohersteller einen Anschluss für den Rüssel am Wagenboden bereitstellen – oder gleich den Rüssel vulgo Connector in die Aufpreisliste aufnehmen. (Rudolf Skarics, 10.4.2024)