Kräne transportieren erste Teile der in Baltimore eingestürzten Scott-Key-Brücke ab.
Brücken, Straßen, Wasserleitungen und Co: Der Bau und Erhalt von Infrastruktur ist kostenintensiv und war bisher auch ein renditebringendes Umfeld für Privatinvestoren. Die hohen Finanzierungskosten haben auch hier ihre Spuren hinterlassen.
REUTERS/Julia Nikhinson

Wien – In Europa sollen künftig mehr Gigaliner unterwegs sein. Die Supertrucks, die bis zu 25 Meter lang und bis zu 60 Tonnen schwer sind, werden für Österreich aber zur Herausforderung. Autobahnbrücken, Tunnel und so manche Kurve sind für so große und schwere Fahrzeuge nicht ausgelegt. Der finanzielle Aufwand, um allein die Statik der Brücken in Österreich Gigaliner-fit zu bekommen, geht in die Milliarden. In den USA hat der Einsturz der Francis-Scott-Key-Brücke in Baltimore das Licht auf den Sanierungsaufwand bei Brücken gelenkt. Aber auch Wasserleitungen, Stromleitungen und Straßen gehören in vielen Ländern dringend erneuert. Die öffentliche Hand kann diese Kosten alleine oft nicht stemmen.

Ein Weg, den Finanzbedarf zu bewältigen, sind private Infrastrukturinvestments. Diese sind in den vergangenen Jahren aber ins Stocken geraten. Die Zahl der Infrastrukturdeals ging im Vorjahr um 18 Prozent zurück. Das globale Infrastruktur-Fundraising fiel um 50 Prozent von einem Höchststand von 176 Milliarden Dollar im Jahr 2022 auf 89 Milliarden Dollar. Das zeigen Daten der Boston Consulting Group (BCG), die im aktuellen Infrastruktur-Strategie-Bericht "Creating Value through Operational Excellence" zusammengefasst sind.

Hohe Kosten schlagen zu

Private Investitionen in die Infrastruktur sind von 2018 bis 2023 im Schnitt jährlich um 18 Prozent gewachsen. Vor allem die geringe Abhängigkeit von der Konjunktur und eine stabile Rendite haben diese Assetklasse interessant gemacht. Die hohen Zinsen und gestiegenen Kosten für Baumaterial zeigten sich aber auch hier deutlich. BCG sieht nun aber eine Erholung für diese Investments. Grund dafür sind die Signale von Investoren, die ihr Engagement in dieser Assetklasse erhöhen wollen. Erwartet wird, dass vor allem Pensionsfonds und private Vermögensverwalter ihre Investitionen bis 2027 um mehr als 600 Milliarden Dollar erhöhen werden.

"Weltweit besteht ein dringender Bedarf an neuen und erneuerten Infrastrukturen, und privaten Investoren kommt dabei eine Schlüsselrolle zu", sagt Wilhelm Schmundt, BCG Managing Director und Senior Partner, Global Lead für Infrastrukturinvestments und Mitverfasser des Berichts. Die zunehmende Notwendigkeit, Geld in Infrastruktur zu investieren, und die fortlaufende Anpassung der Transaktionspreise werden laut Schmundt dazu führen, dass sich die Aussichten für private Investoren wieder verbessern und damit die Assetklasse wieder mehr Aufmerksamkeit bekommt. Neben dem erwähnten Bereich Verkehr sieht BCG vor allem Energie und Digitaltechnik als wichtige Bereiche für Investitionen.

Europa und Nordamerika

Geografisch gesehen haben im Vorjahr die meisten privaten Infrastrukturdeals in Europa und Nordamerika stattgefunden. Rund 75 Prozent der weltweiten Infrastrukturportfoliounternehmen haben dort ihren Sitz. Die Bereiche Energie und Umwelt, Transport und Logistik sowie digitale Infrastruktur waren für Investoren zuletzt am interessantesten. Zunehmend von Interesse ist auch der Sektor der sozialen Infrastruktur.

- Energie- und Umweltbereich: Der Gesamtwert der privaten Investitionen in diesen Bereich, der durch die globale Dekarbonisierungsagenda Rückenwind erfährt, belief sich von 2018 bis 2023 auf insgesamt 1,1 Billionen US-Dollar und machte damit fast 45 Prozent des Gesamtwerts aller privaten Infrastrukturgeschäfte in diesem Zeitraum aus. Die meisten privaten Anlagen in diesem Sektor konzentrieren sich auf erneuerbare Energien und Energiedienstleistungen.

- Transport und Logistik: Private Investitionen in der Zeit von 2018 bis 2023 beliefen sich hier auf 510 Milliarden Euro. Das stellt rund 20 Prozent aller privaten Infrastrukturinvestitionen dar. Projekte in den Bereichen Eisenbahn, Luft- und Seeverkehr machten den Großteil der Investitionen in diesem Sektor aus.

- Digitale Infrastruktur: Ebenfalls rund 20 Prozent der Deals fanden in diesem Sektor statt. Investiert wurden knapp 420 Milliarden Dollar. Private Rechenzentren waren in Europa Kernziel der Investitionen, in Nordamerika floss das Geld privater Investoren vor allem in mobile Daten und Endnutzerdienste.

Licht und Schatten

Doch wo Licht, da auch Schatten: Laut der BCG-Analyse steigen die Kosten, und das Potenzial für Renditen aus steigenden Multiplikatoren und Schuldenabbau sinkt. Daher müssten Investoren bei Infrastrukturanlagen einen verfeinerten Ansatz verfolgen, um Renditen zu erzielen. Operative Verbesserungen bei den Portfoliounternehmen werden für die Wertschöpfung noch entscheidender sein, heißt es. Führende Fonds sollten daher noch klarer auf den gesamten Investitionszyklus abzielen und nicht nur in Projekt- oder Konzeptionsphasen an Bord sein.

"Infrastrukturinvestitionen wurden durch die jüngsten makroökonomischen Unsicherheiten auf die Probe gestellt, aber der Weg zur Wertschöpfung ist klar", sagt Alex Wright, BCG-Geschäftsführer und Partner sowie Mitverfasser des Berichts. In den meisten Portfoliounternehmen gebe es klare Hebel für die Wertschöpfung, und es komme darauf an, die richtigen Fähigkeiten sowie einen gut strukturierten und durchdachten Plan zu haben. (Bettina Pfluger, 9.4.2024)