Frauen sind in Saudi-Arabien nicht mal rechtlich annähernd gleichgestellt.
Frauen sind in Saudi-Arabien nicht mal rechtlich annähernd gleichgestellt.
AP

Saudi-Arabien hat sich um den Vorsitz der UN-Frauenrechtskommission beworben und diesen nun auch erhalten. Die Frauenrechtskommission ist die Fachkommission für Gleichstellung der Geschlechter und für die Förderung von Frauenrechten der Vereinten Nationen. Für viele Menschenrechtsaktivist:innen ist der Vorsitz durch Saudi-Arabien deshalb empörend.

Auf der Jahrestagung von UN Women vom 11. bis 22. März 2024 in New York bewarb sich das Königreich um den Vorsitz – es war die einzige Kandidatur. Keines der 45 Mitglieder der UN-Kommission meldete sich zu Wort, als der scheidende Vorsitzende der Frauenrechtskommission, der philippinische UN-Gesandte Antonio Manuel, nach Einwänden fragte. Somit wurde der saudische Botschafter Abdulaziz Alwasil zum Vorsitzenden gewählt.

Die Bewerbung um den Vorsitz wurde vor allem als Versuch gesehen, das Image des Königreichs zu verbessern. Empörung gab es auch 2022, als bekannt wurde, dass Saudi-Arabien einen Sitz in der Frauenrechtskommission bekommt.

In Hinblick auf Frauenrechte steht Saudi-Arabien massiv in der Kritik. Zwar gibt es viele Länder, die von Gleichberechtigung auf vielen Ebenen noch weit entfernt sind, aber es gibt zumindest rechtliche Gleichstellung. Auch das ist in Saudi-Arabien nicht der Fall, die Kluft zwischen Männern und Frauen ist selbst auf dem Papier groß.

Wichtige Zeit für Bilanz

Im nächsten Jahr jährt sich die Verabschiedung der Pekinger Erklärung zum 30. Mal. 1995 verabschiedeten 189 UN-Mitgliedsstaaten bei der vierten Weltfrauenkonferenz in Peking ein Konzept zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und der Stärkung von Frauen und Mädchen. Sherine Tadros, Leiterin des New Yorker Büros von Amnesty International, wies auf die kommende wichtige Zeit der Bilanz hin. Saudi-Arabien sei nun in einer Schlüsselposition, um eine Bestandsaufnahme seit dem Beschluss des Aktionsplans und einen Ausblick, wie es nun weitergehen sollte, zu beeinflussen. "Saudi-Arabien ist jetzt an der Spitze, aber Saudi-Arabiens eigene Bilanz in Bezug auf Frauenrechte ist miserabel und weit entfernt vom Mandat der Kommission."

Eine Frau muss in Saudi-Arabien vor einer Heirat die Erlaubnis eines männlichen Vormunds einholen. In der Ehe müssen Frauen ihren Ehemännern "gehorchen", auch die finanzielle Unterstützung wird vom "Gehorsam" abhängig gemacht. Eine Weigerung, Sex mit ihrem Mann zu haben, kann für eine saudische Ehefrau mit einem Entzug finanzieller Unterstützung einhergehen.

Louis Charbonneau, UN-Direktor bei Human Rights Watch (HRW), sieht in der Wahl Saudi-Arabiens zum Vorsitz eine "schockierende Missachtung der Rechte der Frauen". Er fordert nun von Saudi-Arabien, zu zeigen, dass diese Ehre nicht völlig unverdient war und nun alle inhaftierten Frauenrechtlerinnen unverzüglich freigelassen werden sollten. Ebenso soll das Königreich die männliche Vormundschaft beenden und sicherstellen, dass Frauen das volle Recht auf Gleichberechtigung mit Männern haben. Laut Charbonneau habe HRW versucht, Einfluss auf Mitgliedsstaaten zu nehmen, die eine deutlich bessere Bilanz in Bezug auf Frauenrechte haben, etwa die Niederlande, Japan, Portugal oder die Schweiz. Wenn sich diese kritisch gezeigt hätten, wäre das nicht passiert, aber "alle sind einfach still", so Charbonneau. (red, 28.3.2024)