In der bayerischen Landeshauptstadt München gab es schon eine Demonstration gegen das Genderverbot.
In der bayerischen Landeshauptstadt München gab es schon eine Demonstration gegen das Genderverbot.
IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Auf den ersten Blick ist das, was die CSU im bayerischen Schweinfurt veröffentlicht hat, eine ganz normale Stellenanzeige. Gesucht wird jemand, der 20 Stunden im Team mitarbeitet. Und doch sorgt das Inserat im Internet derzeit für Diskussion und vielerorts auch für Häme. Denn da steht ganz deutlich das Wort "Assistent:in". Die CSU in Schweinfurt verwendet also gendergerechte Sprache.

Ob das ihrem Chef, dem Parteivorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder, gefällt? Er hat nämlich einen gegenteiligen Weg eingeschlagen. Als erstes deutsches Bundesland verbietet Bayern – ab 1. April – das Gendern in Behörden, Schulen und Hochschulen. Wortbinnenzeichen wie Gendergap (Bayer innen), Genderstern (Bayer*innen), Doppelpunkt (Bayer:innen) oder Binnenmajuskel (BayerInnen) sind dann nicht mehr erlaubt. Geändert hat das Kabinett dafür die Allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern (AGO).

"Sprache muss klar sein"

"Für uns ist die klare Botschaft: Sprache muss klar und verständlich sein", sagt Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) und weist auch darauf hin, dass die Entscheidung "unabhängig von etwaigen künftigen Entscheidungen des Rats für deutsche Rechtschreibung zur Frage der Verwendung von Sonderzeichen" gelte.

Das Verbot bedeutet: Auf Websites von Behörden, Schulen oder Unis darf geschlechtersensible Sprache nicht mehr angewandt werden. Dasselbe gilt für den dienstlichen Schriftverkehr, Eltern dürfen also kein Schreiben mehr erhalten, in dem von "Schüler:innen" die Rede ist. Bei Nichtbeachtung drohen disziplinarrechtliche Konsequenzen. Schülerinnen und Schüler dürfen allerdings weiter gendern.

Was aber sollen Väter und Mütter tun, wenn ihnen eine so ungeheuerliche Bezeichnung doch ins Haus flattert oder in einer E-Mail auftaucht? Sie können sich beschweren, sagt Söder und gibt im Talk mit "Bild" Hinweise, wo denn die richtige Stelle sei: "In der Schule, beim Schulleiter, beim Klassenleiter selbst oder auch beim Schulforum. Und wenn gar nichts geht, dann einfach eine E-Mail ans Kultusministerium schreiben, die sind rund um die Uhr im Einsatz und regeln die Probleme."

Nichts mit der Realität zu tun

Das empört Simone Fleischmann, die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV). "Wenn wir jetzt auch noch anfangen, dass Eltern bestimmte Lehrkräfte wegen Formulierungen in Elternbriefen beim Kultusministerium melden – wo kommen wir denn da hin?", meint sie gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR). Von vielen Lehrerinnen und Lehrern erhalte sie ähnliche Rückmeldungen, erklärt Fleischmann. "Die sagen zu mir: Jetzt sollen wir aufhören, so zu reden und zu schreiben, wie viele jüngere Menschen es gerade tun. Per Dienstanweisung. Das hat mit der Realität an den Schulen nichts zu tun."

Apropos Bayerischer Rundfunk: Dieser hat sich Internetseiten der CSU und auch der bayerischen Ministerien angesehen. Und fand dort "Gewinner:innen eines Wettbewerbs" ebenso wie "Teilnehmer:innen einer Exkursion". Auf der Website des Kultusministeriums tauchten "Museumspädagog_innen", "Schüler*innen" und "ModeratorInnen" auf.

Kritik kommt auch vom Queer-Beauftragten des Bayerischen Jugendrings (BJR), Patrick Wolf: "Nicht weniger, sondern mehr Vielfalt wäre ein wichtiges Zeichen in Bayern."

Stefan Düll, der Chef des Deutschen Lehrerverbands, findet Söders Weg hingegen gut: "Es geht um respektvolle Formulierungen, die damit auch gendersensibel sind, ohne es als solche zu markieren. Auch das Sternchen kann schließlich ausgrenzend verstanden werden." (Birgit Baumann aus Berlin, 29.3.2024)