Cafe am Cobenzl Neueröffnung Standard
Das Rondell vorn, im Hintergrund das Eventgebäude.
Foto: Kevin Recher

Eigentlich ein guter Marketingschmäh: Alle ein bis zwei Jahre ein Lokal neu eröffnen und so die Massen anlocken. Das ist natürlich nicht die Idee am Wiener Cobenzl gewesen, aber interessant ist die Geschichte dennoch. Erst Ende 2022 eröffnete man das für 20 Millionen Euro umgebaute und revitalisierte Areal am Wiener Ausflugsberg. Neben einer Eventlocation baute man auch ein Café komplett neu – als gastronomisches Herz des Ganzen.

Im Dezember 2023 wurde bekannt, dass Pächter Bernd Schlacher das Handtuch wirft. Der Szenegastronom, der unter anderem das Motto am Fluss und das Hotel Motto auf der Mariahilfer Straße führt, war eigentlich als langjähriger Pächter vorgesehen, investierte er in das Projekt doch selbst Millionen. Im Winter kündigte man den Vertrag aber auf. Als Grund nannte Schlacher die "ungünstige Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und insbesondere die damit verbundenen Kostensteigerungen".

Cafe am Cobenzl Neueröffnung Standard
Ausblick auf die Stadt.
Foto: Kevin Recher

Bis Ende Februar führte man den Betrieb weiter, die Stadt Wien suchte währenddessen einen neuen Pächter. Den fand sie Anfang März mit der Don-Gruppe von Josef Donhauser. Die Gastronomiegruppe führt unter anderem Vapiano oder die Bowl-Lokale Fat Monk. Jetzt, knapp drei Wochen später, eröffnete man das Café am Cobenzl bereits neu. Obwohl neu ein Euphemismus ist, denn wirklich viel geändert hat sich nicht.

"Scho sche da"

Beim STANDARD-Besuch am Eröffnungstag ist es ruhig, und dennoch wirken die Kellner noch ein wenig überfordert. Verständlich, wenn man in kürzester Zeit ein Lokal gastronomisch hochfahren muss. Das Interieur hat man behalten, das ist an manchen zerschlissenen Polstersesseln ersichtlich. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit – oder eben Logik: Das Mobiliar ist keine zwei Jahre alt, das machte es für den Neo-Pächter auch möglich, hier von quasi heute auf morgen zu übernehmen.

Cafe am Cobenzl Neueröffnung Standard
Das Mobiliar wurde beibehalten.
Foto: Kevin Recher

Mittwochfrüh in den Osterferien ist noch wenig los, obwohl Ausflugswetter herrscht. Drei Tische sind besetzt. An einem sitzen Mutter und Sohn, der ganz pubertär mehrfach zum Ausdruck bringt, dass er jetzt lieber ganz woanders wäre. Daneben sitzt ein ganz begeistertes Paar mittleren Alters, das mit Sätzen wie "Scho sche da", "Is des herrlich!" und "Des is was Besonderes!" eine ganze Unterhaltung führen kann. Dahinter hat ein älteres Pärchen Platz genommen. Sie halten ihre Handys mit Klapphülle tief ins Gesicht, um irgendwas lesen zu können. Im Hintergrund läuft eine Mischung aus französischem Chanson ("La Mer" in der Akustikversion) und Polka-angehauchter Akkordeonmusik. "Die Musik ist auch irgendwas", sagt die Café-Chefin. Sie leitet das neue Personal durch den ersten, aufregenden Tag. Und hat gute Laune.

Überarbeitete Karte

Was sich verändert hat, ist die Speisekarte. Und im Vergleich zu früher teilweise zum Günstigeren. Ein Glas Wiener Gemischter Satz kostet 3,90 Euro und ist damit um einen ganzen Euro billiger als beim Vorpächter. Dass heutzutage noch etwas billiger wird, klingt fast wie ein Witz. Auch bei anderen Getränken hält sich der Preis partiell im Rahmen: Eine Melange wird um 3,90 Euro angeboten, ein großes Bier schenkt man ab 4,90 Euro aus, Cola gibt's ab vier Euro. Zu teuer darf man auch nicht sein, sonst kommt hier niemand mehr auf den Berg.

Bei den Speisen setzt man auf Bekanntes: Avocado- und Schnittlauchbrot bietet das Café als kleinere Frühstücksalternative (7,90 Euro bzw. 4,20 Euro) zu den ausufernden Alternativen mit Falafeln oder Würstel (ab 16 Euro) an. Großes Manko beim Frühstück: Das wird nur bis 11.30 Uhr angeboten, das Café sperrt aber erst um 9.30 Uhr auf. Alleine der Weg auf den Cobenzl dauert aus der Stadt mit Öffis oft eine Stunde. Mit den knappen Frühstückszeiten tut sich das Café am Cobenzl keinen Gefallen.

Cafe am Cobenzl Neueröffnung Standard
Avocadobrot mit Spiegelei und großem Rote-Rüben-Fleck.
Foto: Kevin Recher

Bei den Hauptspeisen setzt man auf Wienerisches. Was anderes geht an diesem Ort auch gar nicht. Grammelknödel stehen mit 13,90 Euro auf der Karte, für Backhendl verlangt man 17,20 Euro, Schnitzel vom Kalb gibt es um 23,50 Euro. Mit Linsencurry bietet man nur eine vegetarische Hauptspeise an. Das ist mau!

Asse ausspielen

Das Frühstück ist beim STANDARD-Besuch durchaus solide. Mit Joseph-Brot als Grundlage kann man kaum etwas falsch machen. Einzig die Anrichtung sollte man überdenken. Das Avocadobrot wird auf dem Holzbrett serviert, das noch sichtbare Spuren vom letzten Mahl trägt. Ein fetter Rohnen-Fleck lässt hier den Appetit vergehen. Schon klar, von den Brettern und Tellern haben schon zig Menschen gegessen. Aber daran erinnert werden möchte man nicht unbedingt. Als der Eidotter des Spiegeleis in die feinen Kerben des Bretts rinnt, denkt man sich: Da hat der nächste Gast auch noch was davon. Bitte ändern!

Die herrliche Aussicht macht die kleinen Mankos wieder wett. Es wird spannend, wie der neue Pächter die Asse des Lokals ausspielen wird. Und ob er länger am Berg bleibt als der Vorgänger. (Kevin Recher, 28.3.2024)