Arbeitsminister Martin Kocher hat einen Vorschlag präsentiert, um die Bildungskarenz in Österreich umzukrempeln. Es ist ein Plan, angesichts dessen man sich ungläubig die Augen reibt und sich fragt: Meint der das jetzt ernst? Nicht, weil der ÖVP-Politiker da etwas Abstruses vorschlägt. Die Ideen gehen in die richtige Richtung. Doch sie weichen angenehm von der sonst üblichen Rhetorik der ÖVP ab. Oft, wenn es um Arbeitsmarktpolitik geht, bemühen Politiker der Volkspartei das Bild der sozialen Hängematte, in der es sich Arbeitsuchende und Mindestsicherungsbezieher nur allzu bequem gemacht haben, wohl wissend, dass es auf die allerwenigsten Menschen zutrifft.

Genau ohne solche Zuschreibungen kommen die neuen Reformideen aus dem Arbeitsministerium aus. Der Umbau der Bildungskarenz soll kein Sparpaket sein, wie Kocher betont, das Instrument soll aber künftig jenen zugutekommen, die es brauchen. Das ist der richtige Ansatz.

Gehört der Zugang zur Bildungskarenz strenger geregelt? Darüber wird gestritten.
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Etwas mehr als eine halbe Milliarde Euro gibt der Staat für Weiterbildungsgeld aus. Das System ist gekennzeichnet von einer Kombination aus laxen Vorgaben und noch laxeren Kontrollen. Rund um die Bildungskarenz ist ein ganzes Geflecht an zweifelhaften Kursanbietern entstanden, oft von den Ländern mit Millionen gefördert.

Es sei jedem Menschen vergönnt, einen Französischkurs für Anfänger zu besuchen oder ein paar Semester Politikwissenschaft dranzuhängen. Solange das aber keinen Vorteil für die Betroffenen am Arbeitsmarkt bringt, gibt es keinen Grund, dass die Versicherungsgemeinschaft diese Leistungen finanziert. Und genau das, der Vorteil, ist oft nicht zu erkennen, weil es meist ohnehin Höherqualifizierte sind, die eine Bildungskarenz absolvieren. Die Idee, die Vorgaben dafür, welche Kurse künftig besucht werden können, und die Kontrollen zu verschärfen, ist daher richtig. Ebenso, wenn der ÖVP-Politiker Kocher will, dass Menschen, die Weiterbildungsgeld beziehen, besser beraten werden. Sinnvoll ist der Vorschlag, die Untergrenze für das Weiterbildungsgeld, das vom AMS kommt, auf über 30 Euro am Tag zu verdoppeln: Damit könnten auch Geringverdiener, oft mit geringer Qualifizierung, das Modell nutzen.

Wer soll die Bildungsberatung leisten?

Damit die Ideen umgesetzt werden, sind Hürden zu überwinden. So wird es mehr Investitionen in Bildungsberatung brauchen. Das AMS ist keine Bildungsinstitution, seine Berater sind nicht immer ausreichend für Bildungsberatung qualifiziert. Die Reform für einen Ausbau der Angebote rund um die Erwachsenenbildung zu nützen wäre eine Chance. Noch einmal nachgedacht werden sollte auch über den Vorschlag, künftig keine Bildungskarenz an eine Elternkarenz anschließen zu können. Das wirkt überschießend. Reichen würde, die Anforderungen an Weiterbildung so hochzuschrauben, dass die Bildungskarenz keine Kinderbetreuungszeit sein kann. Größte Hürde für das Projekt ist der Koalitionspartner der ÖVP. Die Grünen haben in einem Wahljahr wenig Interesse an Verschärfungen für ihre studentischen Wählergruppen. Aber die Grünen haben selbst sinnvolle Vorschläge für den Arbeitsmarkt parat, darunter eine Anhebung der Notstandshilfe mit der Inflation. Da gibt es also Verhandlungsmasse für einen Kompromiss. Und noch sind es ja ein paar Monate bis zu den Wahlen. (András Szigetvari, 26.3.2024)