Onlineshopping, Konsumkredite und Abo-Modelle – die Versuchungen, die Menschen in die Schuldenfalle tappen lassen – sind heutzutage allgegenwärtig. Besonders stark davon betroffen sind junge Erwachsene, die oft schon in jungen Jahren in schwerwiegende finanzielle Notlagen geraten. Die Entwicklung setzt bereits bei Teenagern ein, denn für angehende Erwachsene ist Schuldenmachen kein Tabu, wie eine Studie der WU Wien ergibt. Oft wird dadurch der Grundstein für spätere finanzielle Turbulenzen gelegt, denn jeder fünfte Klient heimischer Schuldenberatungen ist beim Erstkontakt weniger als 30 Jahre alt.

Zwei Jugendliche betrachten in einem Geschäft Sportschuhe.
Unter jungen Menschen ist der Konsumdruck sehr hoch, oft wird er über teure Finanzierungen wie eine Kontoüberziehung bedient.
AP/Julia Nikhinson

"Der Trend hin zu 'buy now, pay later' spiegelt sich in den Daten wider", fasst WU-Forscherin Barbara Dunkl, die für die Studie fast 2.000 in Ostösterreich lebende 18-Jährige befragt hat, zusammen. "Sie zeigen, dass auch junge Menschen schon mit Verschuldungssituationen konfrontiert sind." Jugendliche sollten aus ihrer Sicht daher darauf vorbereitet werden, wie man mit Verschuldung umgehen kann – ohne eine Überschuldung zu riskieren.

Teuerste Kreditform

Konkret haben etwa zwei Drittel der befragten 18-Jährigen in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland in ihrem Leben bereits Schulden gemacht. Und zwölf Prozent sind diese auch schon über den Kopf gewachsen, denn sie geben an, bereits Erfahrungen mit verspäteten Zahlungen oder Ratenzahlungen beim Kauf auf Pump gemacht zu haben. Bei rund 27 Prozent der 18-Jährigen ist es wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich, dass sie zukünftig zumindest gelegentlich ihr Konto überziehen werden – also die teuerste aller Kreditformen in Anspruch nehmen.

Für Bettina Fuhrmann, die an der WU Wien das Institut für Wirtschaftspädagogik leitet, stellt ein Hauptproblem dar, dass Jugendliche mit dem Begriff "Schulden" wenig anfangen können. Viele verstehen ihr zufolge darunter nur große Geldbeträge, für die man einen Kreditvertrag auf der Bank unterzeichnen müsse. "Aber es beginnt oft mit kleinen Beträgen", ergänzt Fuhrmann. Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist, und der kann sich schnell summieren.

Video: Die Gefahren hinter Buy-now-pay-later-Modellen.
DER STANDARD

Fehlendes Bewusstsein

Eine besondere Versuchung sind Angebote, bei denen erst später gezahlt werden muss, also "buy now, pay later". Es fehle das Bewusstsein dafür, dass dabei der Konsum auf Kosten der Zukunft erfolgt. "Jugendliche sehen dabei nur die erste Hälfte, also konsumiere heute", sagt Fuhrmann. Dass dies auch einen Konsumverzicht in der Zukunft bedeute, sei vielen gar nicht bewusst. Also dass jene Menschen, die auf Konsumkredite verzichten, sich auf lange Sicht deutlich mehr leisten können – abgesehen von der Gefahr, durch Konsum auf Pump in eine Schuldenspirale zu geraten.

"Es ist eine Falle", sagt Clemens Mitterlehner, Chef der Dachorganisation ASB Schuldenberatung, über Konsumkredite. Zu Überschuldung führe dies aber meist erst in Kombination mit Einkommensverlusten oder Arbeitslosigkeit, was bei Menschen unter 30 Jahren mit 38 Prozent die häufigste Ursache für Überschuldung darstelle. Daher kann Mitterlehner den ÖVP-Plänen zur Kürzung des Arbeitslosengeldes nichts abgewinnen, da dies besonders bei Langzeitarbeitslosen zu schweren finanziellen Problemen führen würde.

Bedenklich, aber stabil

Dass jeder fünfte Klient bei der ersten Schuldenberatung in die Altersklasse unter 30 Jahren fällt, ist zwar bedenklich, aber nicht alarmierend, denn: "Der Wert ist relativ stabil in den vergangenen Jahren." Man sollte auch nicht nur dem Individuum die Schuld an finanziellen Turbulenzen geben, denn die Rahmenbedingungen würden dazu beitragen. Etwa die in den vergangenen Jahren deutlich gestiegenen Wohnkosten, die einen immer höheren Anteil am Einkommen verschlingen. "Aber man darf es nicht schönreden, es ist ein Problem", sagt Mitterlehner über überschuldete junge Erwachsene.

Vier junge Menschen sitzen mit Laptop und schriftlichen Unterlagen an einem Tisch.
Eine bessere Finanzbildung in der Schule würde spätere finanzielle Probleme der heutigen Jugendlichen unterbinden, sind Experten überzeugt.
BHAK Wien 10

Der Schlüssel zur Lösung dieses Problems liegt für ihn ebenso wie für WU-Expertin Fuhrman in besserer Finanzbildung, beginnend im Schulunterricht. Besonders das Basiswissen gehört Mitterlehner zufolge gestärkt, also wie man mit seinem Einkommen die Ausgaben des täglichen Lebens dauerhaft stemmen kann. Fragen über die Geldanlage seien erst die zweite Stufe – zumal sich ohnedies nur die Hälfte der österreichischen Haushalte überhaupt etwas zur Seite legen könne.

Zudem versucht auch die Politik, den rechtlichen Rahmen für Onlinekäufe etwas strenger zu gestalten. Im Oktober haben die EU-Länder eine neue Verbraucherkreditrichtlinie gebilligt: Kreditinformationen müssen künftig verständlicher dargestellt werden, die Vorschriften für Werbung werden strenger. Auch Kleinkredite unter 200 Euro sowie 'Buy now, pay later'-Käufe wurden in die Richtlinie aufgenommen. Umzusetzen in nationales Recht ist diese bei November 2025, spätestens ein Jahr darauf müssen die Verschärfungen in Österreich in Kraft treten. (Alexander Hahn, 27.3.2024)