Der Formatieren-Dialog wurde 1994 an einem Vormittag von einem Programmierer entwickelt und sollte durch eine elegantere Lösung ersetzt werden.
Screenshot DER STANDARD

Windows 11 hat einige optische Updates erhalten und viele Altlasten aus dem schon reichlich angestaubten Windows-Interface entsorgt. Da wäre etwa das Einstellungsmenü, das verwirrenderweise noch ein Dasein neben der althergebrachten Systemsteuerung fristet. Oder Notepad, das einen deutlich moderneren Anstrich erhielt. Oder der File-Explorer, der nach Jahrzehnten nun auch Tabs beherrscht. In den Untiefen von Windows finden sich aber noch immer Dialoge, die seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten auf ihr Update warten. Darunter sind Relikte wie das Scan- und Fax-Fenster oder die Einstellung zur Kalibrierung von Joysticks. Eine Sonderform nimmt die Formatieren-Schaltfläche ein. Die entstand Mitte der 1990er-Jahre als ein Provisorium und ist bis heute unverändert geblieben.

Verantwortlich war der damals für Microsoft tätige Programmierer Dave Plummer. Er erstellte das Fenster im Jahr 1994. Plummer und sein Team waren gerade damit beschäftigt, das Userinterface von Windows 95 in das für ein Profi-Publikum vorgesehene Windows NT zu transferieren. Unter Windows 95 benutzte man meist DOS, um Festplatten zu formatieren, nun sollte Windows NT eine eigene Funktion dafür bekommen.

Außerdem beherrschte Windows NT modernere Dateiformatsysteme wie FAT32 oder NTFS. Doch Plummer war in Eile, also nahm er ein Blatt Papier und schrieb alles auf, was für Optionen man bei der Formatierung eines Datenträgers brauchen könnte. Plummer notierte Dateisystem, Label, Clustergröße, Komprimierung, Verschlüsselung und so weiter.

"Vorsicht mit vorläufigen Lösungen"

"Dann holte ich [Visual] C++ 2.0 heraus und benutzte den Ressourcen-Editor, um einen einfachen vertikalen Stapel mit allen Entscheidungen zu erstellen, die man treffen musste, und zwar in der ungefähren Reihenfolge, in der man sie treffen musste. Das war nicht elegant, aber es reichte, bis die elegante Benutzeroberfläche kam." Nur, die elegante Benutzeroberfläche kam nie. "Das war vor etwa 30 Jahren, und der Dialog ist immer noch mein vorläufiger von jenem Donnerstagmorgen", schreibt Plummer weiter. Sein abschließender Rat: "Seien Sie vorsichtig mit vorläufigen Lösungen", schreibt Plummer auf X (vormals Twitter).

Die Windows NT-Version des Dialogfelds "Formatieren" ist exakt jene, die heute noch existiert. Dabei hat das Fenster mehrere Versionssprünge überlebt, und das Relikt aus dem Jahr 1994 existiert selbst noch in der aktuellen Version von Windows 11. Das ist an sich nicht schlimm, schließlich erfüllt das Fenster seinen Zweck, auch wenn es äußerst spartanisch daherkommt und nicht mehr der gängigen Designsprache des Betriebssystems entspricht. Aber Plummers Schöpfung hatte handfeste Auswirkungen, die Windows-Nutzer über Jahrzehnte verfolgen, und zwar bis heute.

32-Gigabyte-Beschränkung war willkürlich

Denn laut dem Programmierer war die 32-Gigabyte-Grenze des Formatierungstools für FAT-Volumes eine völlig willkürliche Entscheidung seinerseits. Das führte dazu, dass die Formatierungsoption unter Windows maximal 32 Gigabyte große Festplatten in FAT formatieren kann. Das klingt heute nach lächerlich wenig, aber 1994 waren Festplatten wenige Hundert Megabyte groß und 3,5-Zoll-Disketten mit 1,44 Megabyte Speicherplatz noch gebräuchlich. 32 Gigabyte schienen damals kaum vorstellbar.

Wie "Arstechnica" war Plummer an vielen MS-DOS- und Windows-Anwendungen aus den 1990er- und frühen 2000er-Jahren beteiligt, darunter dem Task-Manager, dem Spiel "Space Cadet Pinball" und der ersten Version des Produktaktivierungssystems, das mit Windows XP eingeführt wurde. Plummer verließ Microsoft im Jahr 2003. (red, 26.3.2024)