Wird in Österreich über Vermögenssteuern diskutiert, schrillen bei vielen Menschen die Alarmglocken. Auch Immobilienbesitzer fürchten, es könnte sie treffen. Denn die sogenannte Millionärssteuer, wie sie etwa von Gewerkschaften gefordert wird, würde alle betreffen, die nach Abzug eventueller Schulden und Verpflichtungen ein Vermögen von über einer Million Euro, inklusive Immobilien, besitzen.

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Ein Baum ist für viele nicht einfach nur ein Baum, sondern eine Erinnerung an einen besonderen Moment und somit auch ein potenzieller Preistreiber.
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Viele, die im Eigenheim wohnen, zählen sich hier fälschlicherweise dazu. In Wahrheit würde eine Millionärssteuer allerdings nur die reichsten drei bis vier Prozent der Haushalte in Österreich treffen.

Mit ein Grund für den Irrglauben sind die überhöhten Erwartungen, die viele an den Wert ihrer Immobilie haben. Vieles davon sei sehr subjektiv, sagt Daniela Havlicek, Sachverständige im Immobilienbereich, die unter anderem Immobilienbewertungen durchführt. "Manche Immobilienbesitzer glauben, dass ihr Haus durch ihr Bewohnen veredelt wird. Ein liebevoll gepflanztes Rosenstöckchen, spezielle Materialien, die weiß Gott wo herkommen und womöglich sogar mit Hand und viele Liebe selbst verlegt wurden – diese Detailverliebtheit ist ja schön, aber so was wird nicht bezahlt", sagt die Expertin. Für Käuferinnen sei ein Baum einfach ein Baum – und wenn er zu viel Licht wegnehme, werde er gefällt. Verkäufer hingegen verbinden etwas damit, vielleicht weil er bei der Geburt des ersten Kindes gesetzt wurde.

Leerstand durch Abwarten

Schon in der Vergangenheit haben solche Diskrepanzen dafür gesorgt, dass sich Käuferinnen und Verkäufer nicht einig geworden sind. Heute führen sie bei jenen, die nicht unbedingt verkaufen müssen, noch häufiger dazu, dass vorerst abgewartet wird, sagt Havlicek. Die Folge ist, dass vermehrt Immobilien leerstehen, etwa wenn Erben das Geld aus einem Verkauf nicht dringend brauchen. So reduziert sich das Angebot.

Aber auch die Nachfrage ist zuletzt zurückgegangen, da es für viele Menschen wegen der strengeren Vergaberichtlinien derzeit schwer ist, einen Kredit für ein Eigenheim zu bekommen. In weiterer Folge, so Havlicek, wirkt sich das auf die Preise aus, die bei der Immobilienbewertung dann niedriger angesetzt werden müssen – was wiederum den Verkäuferinnen nicht gefällt.

Den Wert von Immobilien zu bewerten sei zudem eine größere Herausforderung, wenn es weniger Vergleichswerte von aktuellen Verkäufen gibt, erklärt die Sachverständige. Es müsse dann vermehrt mit älteren Daten gearbeitet werden. Das sei in einem diffusen Marktumfeld nicht immer leicht, bestätigt auch Georg Flödl, geschäftsführender Partner von Immobilien Funk sowie Präsident des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI).

"Sparsamer und vorsichtiger"

Auch wenn es gerade auf dem Immobilienmarkt insgesamt wenig Transaktionen gibt, ist die Nachfrage nach Immobilienbewertungen dennoch nicht gesunken. Havlicek erklärt das damit, dass die Menschen heute noch viel genauer darauf schauen, was ihre Immobilie wert ist. "Die Zeiten sind anders geworden, weil sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändert haben, die Menschen sind sparsamer und vorsichtiger." Man wolle so viel Geld wie möglich lukrieren, und viele Immobilienbesitzer würden nicht mehr so locker wie früher etwas Pi mal Daumen berechnen.

Auch heute noch wollen viele Verkäuferinnen nicht von ihren Preisvorstellungen abrücken. "Doch je besser man informiert und je umfassender und transparenter man darlegt, welchen Weg man in der Bewertung gegangen ist, um zu einem Preis zu gelangen, desto eher vertrauen die Kunden dem Ergebnis", sagt Flödl.

Wert und Preis unterscheiden sich

Es sei wichtig, zwischen dem Wert und dem Preis einer Immobilie zu unterscheiden, erklärt Flödl weiter – privaten Verkäufern sei das nicht immer klar. Denn wurde eine Immobilie bewertet, folgt im nächsten Schritt gemeinsam mit dem Makler oder der Maklerin, sich zu überlegen, welche Preispolitik man verfolgen will.

Noch immer gibt es laut Flödl jene Verkäuferinnen, die glauben, sie bräuchten ja nur den einen Käufer, der bereit ist, den hohen Preis zu bezahlen. "Als Experten wissen wir, wie die Menschen heute Immobilien suchen", sagt Flödl. Viele würden etwa Suchagenten nutzen. Wenn man sich nun mit der eigenen Immobilie nicht in einer gewissen preislichen Bandbreite befinde, könne es sein, dass man auf dem Markt gar nicht erscheint, und so würden automatisch weniger Anfragen kommen. Und das schmälert dann erst recht die Chance, doch noch Millionär zu werden. (Bernadette Redl, 26.3.2024)